Halbe Proteste, halboffene Praxen

■ Beim Protesttag der Zahnärzte wurde kräftig gearbeitet

„Sparkassentag – Kassenspartag“ – vier von fünf Zahnärzte hielten gestern aus Protest gegen die Begrenzung ihrer Einnahmen die Praxis geschlossen. Zumindest offiziell. Gearbeitet aber wurde in vielen Fällen trotzdem – und in der extra eingerichteten Notdienststelle gab es im Laufe des Tages gerade mal 35 Anrufe.

Seit sechs Jahren gibt es das sogenannte „Budget“ für die zahnärztliche Versorgung, eine Begrenzung der Gesamthonorar-Summe, die sich Bremens Zahnärzte untereinander aufteilen müssen. Dagegen protestierten diese gestern mit ihrem „Kassenspartag“. „Was uns stinkt, ist einfach, daß alles so entsetzlich reglementiert wird“, so argumentierte gestern Zahnarzt Folker Ewald aus der Hollerallee: 18.000 Mark habe er in diesem Jahr zurückzahlen müssen, weil in seiner Praxis mehr PatientInnen versorgt worden seien, als ihm vom Gesamtkuchen der Krankenkassengelder zusteht. Wer viel arbeitet, solle auch viel Geld verdienen, unterstrich sein Kammerpräsident Peter Böhme die Forderung der protestierenden Zahnärzte, zum Leistungsprinzip zurückzukehren.

Wie Folker Ewald war auch seine Kollegin nahe der Sielwall-Kreuzung nur für akute Fälle da. 50.000 Mark habe sie in diesem Jahr zurückzahlen müssen, klagt sie, weil sie über die Budgetgrenze hinausarbeitete. Einen Kredit habe sie dafür aufnehmen müssen, so die Zahnärztin, die mit ihrer 1993 geöffneten Praxis noch für die Übernahme der Praxis abzahlt. Und von den 198.000 Mark Einnahmeüberschuß, den das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für Zahnärzte errechnete, könne sie nur träumen. Trotzdem: Mit der Protestaktion von Kammer und zahnärztlicher Vereinigung möchte sie nichts zu tun haben. Eine Aufsplittung in Grundversorgung und Sonderleistungen, die von den Patienten selber zu tragen wären, sei am Ostertor auch illusionär.

Ins gleiche Horn bläst Jan Hendrik Plump, Viertel-Zahnarzt und im Ehrenamt „für die kleinen Praxen“ in der Vertreterversammlung der kassenzahnärztlichen Vereinigung. „Wenn wir nicht 4,5 Millionen Arbeitslose hätten, dann wäre auch genug Geld für ein Budget da, das allen Leistungen gerecht wird“, klagt er gegen die Protestler den gesamtgesellschaftlichen Blick ein. Das Solidarprinzip der deutschen Krankenversorgung müsse hier Vorrang haben: „Leistung muß sich wieder lohnen?! Ich krieg das Kotzen!“ ritz

(vgl. auch das Gespräch auf Seite 24)