Huch ist angekommen

■ Zehn Jahre Komödie Winterhuder Fährhaus: „Veronika, der Lenz ist da“

Antike Säuselsongs wie „Der kleine grüne Kaktus“ sind auch heute noch sehr gut zu ertragen, wenn sie jemand wie Max Raabe mit seinem perfekten Palastorchester in handliche Drei-Minuten-Witzpaketchen steckt. Der knapp dreistündige Liedermarathon, derzeit in der soeben ihren zehnten Geburtstag feiernden Komödie Winderhuder Fährhaus zu sehen, ist da schon schwieriger zu überstehen. Und doch: Mit Veronika, der Lenz ist da – Die Comedian Harmonists hat sich das Haus zum Jubiläum eine bemerkenswerte Produktion ausgeleistet. Das Trio Gottfried Greiffenhagen (Text), Martin Woelf-fer (Regie) und Franz Wittenbrink (musikalische Leitung; „ausgeliehen“ vom Deutschen Schauspielhaus, wo er bereits erfolgreich u. a. die Musikprogramme Sekretärinnen und Männer arrangierte) hat einen sehr adäquaten Weg gefunden, um die Geschichte des berühmten Vokalensembles nachzuerzählen – das nostalgische Publikum wird hier schlicht gelinkt.

Mißtrauische Zuschauer, bei der Premiere am Freitag deutlich in der Minderzahl, werden dagegen erst einmal arg getriezt. Bis zur Pause wird Mief verbreitet: Ach, die armen Jungs in der unbeheizten Dachkammer. Ach, die böse Zimmerwirtin. Und jetzt führen sie einen Sketch auf, wie unlustig. Hätte das Stück vor 70 Jahren nicht schon genauso aufgeführt werden können? Mit dem gleichen Jubel nach jeder Szene? So entsteht der Eindruck, man säße in einem Saal der späten zwanziger Jahre, und man fragt sich, was dieses Als-ob-Spielchen soll.

So lange, bis nach der Pause – und dem schon obligatorischen Applaus – der Ansager in brauner Uniform versichtert, daß jedem, der den Saal verläßt, das Eintrittsgeld zurückerstattet wird. Da erst macht die inszenierte Zeitmaschine Sinn; kurze Zeit später müssen die Zuschauer dem nun arisierten Meistersextett applaudieren, das gerade vor einer Hakenkreuz-Fahne auftrat.

Das Huch dürfte überall angekommen sein. Natürlich ist das Stück keine reine Didaktik mit dem Paukenschlag, sondern Unterhaltung für Leute, die sich gerne schmalzige Lieder anhören. Und doch ist der lehrreiche Teil das Beste daran – Respekt.

Barbora Paluskova

bis 8. November