Auf Du und Du mit JungwählerInnen
: Hallo Vera, triff Dich mit uns!

■ Mit vermeintlichen Fans stellt sich die Junge Union auf allzu vertrauten Fuß. Auf den fühlt sich mancheR getrampelt

Vera L. hat einen wunderschönen Familiennamen. Wie das sanfte Schellen einer entfernten Türglocke streicht er an Paukenhöhle und Ohrtrompete vorbei und ruft in oxymoronischer Ankündigungslust: Hallo, hier ist Vera, klingeling, ich bin da.

Gern möchte man da länger über Familiennamen im Allgemeinen und Besonderen nachdenken, über ihr subtiles Spiel mit dem armen Dasein, übers Jungbleiben und Erwachsenwerden im Namen des Vaters (oder der Mutter) und über Namen, die – welch Berufung! – zugleich ihr eigenes Hierundjetzt rufen: Ich bin's – klingeling!

Doch: nein. Mit einem vertraulichen „Hallo Vera“ schlawenzelte sich jetzt ein Brief der CDU-Jugend auf den Frühstückstisch der 30jährigen Vera L., deren Nachname in dieser Union der Jugend leider nichts mehr zur gemeinsamen Sache tut.

Nicht unter Gleichgesinnten, die wissen, daß nach dem Frühstück aufgeräumt wird! Also gucken jetzt erstmal die idealen Ersatzeltern Catrin Hannken und Claas Rohmeyer fettgedruckt und vor einem satten Mischwald aus der rechten oberen Ecke des Rundbriefs und rufen: „Hallo Vera, ein kluger Satz heißt 'neue Besen kehren gut'.“

So steht das da, ungelogen. Die ganze Bremer Jungschar der Lothars, Linas, Leonores zwischen 20 und 30 Jahren hat solch einen Brief bekommen. Das Statistische Landesamt hat sie den Jungunionisten aus ihren Unterlagen zur Verfügung gestellt – mit Fug und Recht übrigens; entziehen kann sich dem Gedächtnis von Väterchen Staat und seinen vereinigten Söhnen und Töchtern nur, wer beim Einwohnermeldeamt zuvor mit vollem Namen Widerspruch eingelegt hat.

Und so wurden denn die armen Veras, Viktors und Valentinas am Frühstückstisch alle zusammen und jeder für sich von der christlichen Parteifamilie um ihren Familiennamen betrogen. An eben seiner Stelle sahen sie sich mit der ungeheuerlichen These konfrontiert, daß ein kluger Satz 'neue Besen kehren gut' „heißt“. Welch drolliger Name für einen klugen Satz! Und welch merkwürdiger Satz an Stelle des Eigennamens von Vera L. Da soll noch einer erzählen, es gebe im Eifer des demokratischen Wortgefechts keinen faschistischen Sprachgebrauch.

Wo das alles endet, stand dann glücklicherweise auch noch in dem Brief von Catrin und Claas, die wie ihre Mutterpartei übrigens beide mit einem großen C geschrieben werden. Sein esoterisches Finale findet das zweiseitige Schreiben in dem Bund eines allumfassenden Christlichen DU (“treff Dich mit uns im Bremer CDU-Haus, Am Wall 135, oder schaue ins Internet der Bundes-CDU“), wo dann im schaurigen Winkel zuletzt auch der Übervater noch auf DICH wartet: „Der vollständige Spruch heißt übrigens 'Neue Besen kehren gut, aber die alten wissen die Winkel'. Deshalb setzen wir auf Helmut Kohl.“

ritz