„Schlechtester Triumph der CSU seit 30 Jahren“

■ Bonner SPD mimt Gelassenheit und hakt bayerisches Wahlergebnis ab

In der Bonner SPD-Parteizentrale konnte der Eindruck aufkommen, als sei lediglich die Kommunalwahl in Hintertupfingen entschieden worden. Abhaken, vergessen, weitermachen wie bisher, lautet das Credo der Bonner Sozis nach dem Wahlergebnis in Bayern. Nur Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering versuchte, die 30 Prozent der SPD zu einem Wahlsieg hochzureden.

„Für die CSU ist es das schlechteste Ergebnis seit über 30 Jahren“, sagte Müntefering im Ollenhauer-Haus vor den Medienvertretern. Die SPD sei dagegen stabil geblieben. Sie bleibe damit auf der Gewinnerstraße. Da mochte kaum jemand nachfragen. Müntefering wurde schnell entlassen.

Bei den inoffiziellen Statements war dann doch ein wenig Enttäuschung zu spüren. Die Prognosen hätten ja schon Hoffnung auf zwei Prozent mehr gemacht. Der Schröder-Bonus habe offenbar in Bayern nicht gegriffen. Dennoch herrschte Gelassenheit vor. Die Union, tröstet sich einer, habe schließlich keine Trendwende geschafft, die sie nach den Umfrageergebnissen bitter nötig habe.

Die SPD allerdings auch nicht. Und die Sozialdemokraten sind es, die gegenüber 1994 bei der Bundestagswahl zulegen müssen. Aber dafür haben die Genossen auch eine Antwort parat. Schließlich tickten in Bayern die Uhren anders. Ja, wenn bei einer Wahl in Nordrhein-Westfalen dasselbe herauskäme wie vor vier Jahren, dann hätten wir ein Problem bekommen, sagt einer. Aber so...

Und so loben sie den bayerischen Ministerpräsidenten über den grünen Klee. Stoiber habe eben einen tollen Wahlkampf gemacht und sich im übrigen von der CDU abgesetzt. Es scheint, die SPD fürchtet bei der Bundestagswahl nur noch eins: daß die Union kurzfristig Edmund Stoiber zum Kanzlerkandidaten kürt.

Ehrliche Erleichterung war dagegen beim möglichen Bonner Koalitionspartner Bündnis 90/ Die Grünen zu spüren. „Wir sind total froh, weil wir um den Wiedereinzug gebangt haben“, sagte Fraktionssprecherin Kerstin Müller. Es sei bekannt, daß der bayerische Landesverband mit Problemen zu kämpfen gehabt habe. Entsprechend sieht sie im Überspringen der Fünfprozenthürde „ein schönes Signal für Bonn“. Auch der Bundestagsabgeordnete Volker Beck äußerte sich trotz der leichten Verluste zufrieden: „Das Ergebnis stärkt uns den Rücken für die nächsten zwei Wochen.“

Vorstandssprecher Jürgen Trittin verwies darauf, daß die Grünen im Bereich Ökologie noch gegen die Konkurrenz der ÖDP zu kämpfen hatten, die den Einzug ins Landesparlament nicht geschafft hatte. Außerdem schoß er Pfeile gegen die Bonner Regierungsparteien ab. Mit Blick auf die FDP meinte er: „Mit seltener Klarheit wurde die Frage entschieden, wer denn die dritte Kraft im Lande ist.“ Der Union bescheinigte der Parteichef süffisant die Fähigkeit, Wahlen zu gewinnen, wenn „sie auf den Einsatz von Helmut Kohl verzichtet.“

Das sieht CDU-Generalsekretär Peter Hintze erwartungsgemäß ganz anders. Er hatte zum ersten Mal seit langer Zeit endlich einmal wieder Gelegenheit, einen aus seiner Sicht erfreulichen Wahlausgang zu kommentieren: Es sei ein „grandioses Ergebnis“, ein „toller Erfolg für die CSU“. Bayern bestätige den „Stimmungsumschwung gegen Rot-Grün“, erklärte Hintze unverdrossen – ungeachtet der jüngsten bundesweiten Umfrageergebnisse, denen zufolge SPD und Grüne ihren Vorsprung gegenüber den Bonner Regierungsparteien weiter ausbauen konnten.

An Umfragen glaubt der Generalsekretär ohnehin weniger denn je. Obwohl die Meinungsforscher schon seit längerer Zeit der CSU in Bayern ein gutes Ergebnis vorhergesagt hatten, sieht Hintze in dem Wahlausgang ein Zeichen für die „abnehmende Prognosefähigkeit“ der Institute.

FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle wünscht sich übrigens, daß im Zusammenhang mit seiner Partei vor allem von der großen weiten Welt die Rede ist. Die Liberalen, so kündigte er an, wollen jetzt die Außenpolitik in den Mittelpunkt der noch verbleibenden Wahlkampfzeit rücken. Markus Franz/Bettina Gaus, Bonn