Höfe-König vor dem Kadi

■ Offene Handwerkerrechnung: Betrug oder Schlamperei?

Der Angeklagte sitzt nicht zum ersten Mal im Gerichtssaal. Helmut H., im Viertel als Immobilienhai mit rüden Umgangsformen bekannt, ist wegen Steuerhinterziehung, Fahrens ohne Führerschein und ähnlicher Delikte aufgefallen. Vor dem Bremer Amtsgericht trat der wegen Betruges angeklagte Mann jetzt trotzdem nervös auf, rutschte auf seinem Platz hin und her, schnaufte und blätterte in den Unterlagen. Der Richter mustert ihn streng: „Dies ist ja nun eine lange und unsägliche Geschichte. Ich hoffe, wir können das heute endlich beenden!“

Der Angeklagte steht zum zweiten Mal wegen der gleichen Geschichte vor Gericht. Das erste Mal wurde eine Geldbuße über 5.000 Mark verhängt. Dazu hatte das Gericht ihn verdonnert, weil er eine Elektroinstallationsfirma mit Arbeiten in der Kneipe „Studio auf den Höfen“ beauftragt hatte – obwohl er zum damaligen Zeitpunkt völlig zahlungsunfähig war. Die – lange offengebliebene – Rechnung für den Elektriker hat er nach einem verlorenen Zivilprozeß mittlerweile zwar beglichen. Nicht aber die 5.000 Mark Geldbuße wegen Betrugs.

Dabei ist der Angeklagte eigentlich kein armer Mann. Ihm gehört das Haus, in dem das „Studio“ ausschenkt. Offizieller Mieter ist eine Getränkefirma. Die hatte 1992 auch den Elektriker bestellt – der dann allerdings, so sieht es das Gericht, auch im Auftrag des Besitzers tätig wurde. Dennoch beharrt H. auf seiner Position: „Ich sehe nicht ein, für etwas zu zahlen, für das ich nicht verantwortlich bin.“ Er sei davon ausgegangen, daß die Mieter, die ebenfalls Renovierungsarbeiten in dem Gebäude durchführen ließen, alle Rechnungen bezahlen würden.

„Aber Sie haben doch nie bestritten, daß Sie der richtige Empfänger der Rechnungen waren“, sagt der Richter verärgert. „Was soll das denn jetzt?“ Damals sei das eben etwas chaotisch gewesen, sagt Helmut H. Er hätte sich eben nicht zu helfen gewußt. So bekam der Handwerker mal einen ungedeckten Scheck, mal einen falschen Überweisungsbeleg.

Der als Zeuge geladene Elektriker schildert die Vorgänge auf der Baustelle jedoch anders: „Zuerst haben die Mieter mir gesagt, was gemacht werden soll. Als wir dann fertig waren, kam der Herr H. und gab uns weitere Aufträge. Ich habe gefragt, an wen die Rechnung gehen soll und er sagte: an mich.“

Dem widerspricht der Verteidiger des Angeklagten. „Warum hätte er das denn tun sollen?“ fragt er den Zeugen. Seine Version: Der Angeklagte sei auf der Baustelle gewesen, habe nach dem Rechten gesehen und dabei für den Mieter einige Anweisungen gegeben. „Welches Interesse hätte er haben sollen, die Räume zu renovieren, die der Mieter nutzen will?“ fragt sein Verteidiger. Die Miete sei ihm schließlich sowieso sicher gewesen. Weil der Zeuge aber bei seiner Aussage bleibt, kann der sichtlich genervte Richter noch kein abschließendes Urteil fällen.

Jetzt soll ein Blick in die Pachtverträger klären, ob der Angeklagte nicht vielleicht doch einen Vorteil daraus ziehen konnte, sich finanziell an der Renovierung der Kneipe zu beteiligen. Denn nur, wenn H. einen Vorteil daraus gezogen haben könnte, wäre der Vorwurf des Betruges haltbar. Der Prozeß wird fortgesetzt. K. Adamski