Unterm Strich

Dumm gelaufen und ziemlich peinlich, wenn die eigenen Ghostwriter sich nicht auskennen. So mußte sich Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth vom Publikum auslachen und ausbuhen lassen, als sie am Sonntag auf einem Galakonzert zum 70. Geburtstag des Jazz-Posaunisten Albert Mangelsdorf eine Rede hielt und den Musiker dabei zweimal als Alt-Saxophonisten bezeichnete. Besser hatte es zuvor bei der Übergabe des mit 50.000 Mark dotierten Theodor- W.-Adorno-Preises an Zygmunt Baumann in der Paulskirche geklappt. Da wußte Roth immerhin, daß es sich um einen Soziologen und nicht um einen Posaunisten handelt. Baumann wurde, so heißt es in der Jurybegründung, als einer der großen Soziologen der Gegenwart geehrt, dessen Werk eine außerordentliche Nähe zum Lebenswerk Adornos zeige.

Neues vom designierten Kulturbeauftragten Michael Naumann, über den bereits ähnlich gern und häufig Meldungen verbreitet werden wie übers Holocaust-Mahnmal. Jetzt hat Naumann mehr Wirtschaftlichkeit in der Arbeit der Museen gefordert und außerdem ein spezielles Kosten-Controlling. Nötig sei auch eine bessere Koordinierung der Museumsarbeit, um Doppelsammlungen zu vermeiden. Große Worte! Und gleich noch eine Naumann-Forderung: Die Länder sollen in der Kulturpolitik endlich mit einer (Naumanns?) Stimme reden, um in Brüssel geschlossen aufzutreten und europäische Fonds „anzuzapfen“.

Gar nicht faul hat der Museumsmann von Kanzlers Gnaden, Christoph Stölzl, die neueste Naumanniade sofort gekontert und sich so als dankbarer Kohlfreund in undankbarer Welt gezeigt. Die Berufung Naumanns zum Kulturbeauftragten sei nichts als Wahlkampf, sagte der Direktor des Deutschen Historischen Museums in Berlin gegenüber der Welt, und überhaupt sehe die Bilanz sozialdemokratischer Kulturpolitik nicht eben glanzvoll aus. Helmut Kohl

jedoch sei der Kanzler, der am meisten für Kultur

getan habe. Seine Regierung habe in den letzten

16 Jahren die Ausgaben des Bundes für Kultur mehr als verdreifacht. Danke, Kanzler!

In Venedig ist das Filmfest mit einem veritablen Skandal zu Ende gegangen (siehe oben), aber wer weiß schon, daß auch Oldenburg sein Filmfestival hat? Auch das ist seit Sonntag Geschichte. Zum Abschluß wurde der erste „Levi's Independance Award“ für einen unabhängigen Filmemacher verliehen. The winner is: Richard Schenkmann, der für einen Film mit dem umfänglichen Titel „Went to Coney Island on a Mission from God... Be back by Five“ ausgezeichnet wurde. 11.000 Zuschauer sahen an vier Tagen rund 50 Filme „zwischen kompromißlosem Independent- und großem Hollywood-Kino“ (Veranstalteraussage). Til Schweiger stellte seinen neuen Film, „Punk!“, vor und wurde, kaum zu glauben, vonmehr als 1.000 Fans begrüßt. It's a strange, strange world.