Was die CSU verschweigt: Bauernsterben in Bayern

■ In zwei Jahren gingen 26.000 Jobs in der bayrischen Landwirtschaft verloren – so dürfte es im Agrarbericht stehen, den die CSU-Regierung angesichts der Wahlen lieber unter Verschluß hält

München (taz) – Normalerweise erscheint der bayerische Agrarbericht turnusmäßig alle zwei Jahre und wird im Frühjahr herausgegeben. Auch dieses Frühjahr hätte der bayerische Landwirtschaftsminister Reinhold Bocklet eigentlich den aktuellen Bericht vorstellen sollen. Doch im Wahljahr 1998 scheint alles anders. Die Daten blieben bis nach der Landtagswahl unter Verschluß. Und das wird wohl auch bis zur Bundestagswahl so bleiben.

Grund genug für den agrarpolitischen Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, den Biobauern Johann Schammann, dem Grund dafür nachzugehen. Anhand des Bundesagrarberichts und Daten aus dem Bayerischen Landesamt für Statistik stellte er die „Eckdaten des Bayerischen Agrarberichts 1998“ zusammen und stellte sie der Öffentlichkeit vor: Danach sind allein in den letzten beiden Jahren 26.000 Arbeitsplätze in der bayerischen Landwirtschaft verlorengegangen, 10.674 Betriebe die größer waren als ein Hektar, haben zugemacht, die Zahl der Vollbeschäftigten in der bayerischen Landwirtschaft liegt erstmals unter 200.000.

Nur Betriebe mit über 50 Hektar Land hätten noch Wachstumschancen, berichtet der Grüne. Auch bei der Einkommensentwicklung schaue es düster aus in Bayern. Während die Gewinne der Landwirte bundesweit um 3,4 Prozent gestiegen seien, hätten die bayerischen Landwirte ein Minus von 2,9 Prozent zu verkraften, die Ertragslage habe sich „deutlich verschlechtert“. Agrarpolitisch, so Schammann, kämen diese Zahlen einer „Bankrotterklärung“ der bayrischen Landwirtschaftspolitik gleich. Die Staatsregierung habe es versäumt, die Gegebenheiten durch einen gezielten Ausbau der regionalökologischen Landwirtschaft zu einem Wettbewerbsvorteil umzuwandeln. Trotz staatlicher Beihilfen von im Schnitt 700 Mark pro Hektar Nutzfläche, könnten die Einkommensverluste nur teilweise kompensiert werden.

„Wenn diese Politik so weitergeht, wenn extensive, regionale Qualitätsproduktion nicht endlich gefördert wird, wenn wir nicht endlich vom Weltmarktdenken wegkommen, dann werden in den nächsten 20 Jahren vier von fünf Betriebe aufhören“, prophezeit Schammann. Ganz anders dagegen die Bilanz der Ökobauern: Seit 1993 habe sich die Zahl der Ökobetriebe in Bayern um 15 Prozent auf 2.546 im Jahr 1997 erhöht. Dennoch würde bislang nicht mal vier Prozent der Acker und Wiesen ökologisch bewirtschaftet. Deren Gewinne lägen „über denen vergleichbarer konventioneller Betriebe“. In den bündnisgrünen Eckdaten zum Agrarbericht wird auch der gestiegene Pestizideinsatz kritisiert. Der findet sich in Lebensmitteln wieder: Nach einer Studie des Landesuntersuchungsamts Nordbayern finden sich bei 80 Prozent des getesteten Obstes Pflanzenschutzmittelrückstände, beim Gemüse in zwei Drittel der Proben. Manuela Knipp-Dengler