Senat senkt Fehlbelegungsabgabe

■ Für ausgewogenere soziale Mischung in Neubaugebieten sollen auch Vorgaben für die Vermietung von Sozialwohnungen gelockert werden

Nach einem Beschluß des Senats sollen die Vorgaben für Mieter in Sozialwohnungen weiter gelockert werden. Wenn das Abgeordnetenhaus zustimmt, wird von 1999 an in ganz Berlin die Fehlbelegungsabgabe gesenkt. Nach dem gestern beschlossenen Gesetzentwurf muß die Abgabe dann nur noch gezahlt werden, wenn die Einkommensobergrenze um 50 Prozent (bislang 30 Prozent) überschritten wird. Ziel der Neuregelung ist es, eine ausgewogene soziale Mischung in den Stadtteilen zu erhalten.

Nach den Worten von Senatssprecher Michael-Andreas Butz sind im kommenden Jahr von der Neuregelung 45.000 Berliner Haushalte in Neukölln, Reinickendorf, Spandau und Treptow betroffen. Ein Haushalt könne dann im Schnitt jährlich 107.000 Mark brutto verdienen, ohne die Fehlbelegungabgabe zahlen zu müssen. Bislang lag die durchschnittliche Einkommensobergrenze laut Bauverwaltung bei 97.000 Mark.

Zudem sinkt die Miete in den Sozialwohnungen. Pro Quadratmeter muß dann statt einem Betrag zwischen 1,25 Mark und 6,50 Mark künftig nur noch eine bis fünf Mark gezahlt werden. Der Senat verzichtet allein im Jahr 1999 durch die Neuregelung auf Einnahmen von 50 Millionen Mark. Das Minus ist im Landeshaushalt jedoch bereits einkalkuliert.

Bei den betroffenen Wohnungen handelt es sich vorwiegend um Bauten aus den 70er Jahren, wie die Sprecherin der Bauverwaltung, Petra Reetz, erläuterte. Altbauten seien nicht dabei. Erstmals fällt mit Treptow ein Ostberliner Bezirk unter die Regelung, die jedoch nur für Nach-Wende-Bauten gilt. Wohnungen, die noch zu DDR- Zeiten gebaut wurden, gelten juristisch nicht als Sozialwohnungen.

Auch neue Mieter, die zuvor nicht in Sozialwohnungen lebten, können zu den günstigen Konditionen die Wohnungen beziehen. Das sei im Sinne der Bauverwaltung, sagte Reetz. Schließlich wolle man mit der Neuregelung auch gegen den Leerstand von Wohnungen vorgehen. Zudem soll der Stadtflucht vorgebeugt werden.

Senatssprecher Butz sprach von einer der wichtigsten sozialpolitischen Entscheidungen des Senats in dieser Legislaturperiode. Die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Barbara Oesterheld, machte darauf aufmerksam, daß ihre Fraktion schon vor zwei Jahren diese Regelung gefordert hätte. Sie begrüßt, daß die neue Einkommensgrenze für ganz Berlin und nicht nur für bestimmte Gebiete gelte. Zum 1. April dieses Jahres waren elf Wohngebiete auf drei Jahre von der Fehlbelegungsabgabe befreit worden. Das habe den Gleichheitsgrundsatz verletzt, meinte Oesterheld. Jutta Wagemann