Bernd Schuster muß in Köln bleiben

Am Montag um 20.20 Uhr pfiff Dr. Fleischer in Köln eine Zweitligabegegnung zur Pause. Es regnete heftig im Müngersdorfer Stadion, und alle eilten in die Kabinen. Einer rührte sich nicht: Bernd Schuster blieb an der Werbebox neben der Auswechselbank des 1. FC Köln stehen. Blicklos sah der Trainer zu Boden. Schließlich schaffte er es, sich bis vor die Kabine seiner Mannschaft zu bewegen. Hinein ging er nicht. Später sagte er: „Ich denke, daß es nichts zu sagen gab – bei dem Spielstand.“

Der lautete 4:1 für den FC St. Pauli. Alles, was die Kölner Spieler nach der Einsamkeit in der Kabine schafften, war, die zweite Halbzeit ereignislos zu gestalten. „Zeitverschwendung“, kommentierte Schuster. Da hatte er sich schon wieder gesammelt. Und wenn er je an diesem Abend den Impuls gehabt hatte, das Stadion und damit das Elend des Kölner Fußballs einfach hinter sich zu lassen, um sich auf seinem Landgut dem Klavierspiel und seinen Pferden zu widmen, dann hatte er sich nun zu Pflichtbewußtsein durchgerungen. Rücktrittsgedanken? Nein, solche Niederlagen „muß man ertragen“.

Präsident Albert Caspers sagt: „Es gibt keine Trainerdiskussion.“ Die gibt es tatsächlich nicht. Nicht mal in der als nörgelig verschrienen Kölner Presse, die gemeinhin liebend gerne Trainerdemissionen anheizt. Als das Spiel zu Ende war, schritt Schuster an der Seite eines tröstenden Intimus aus dem Stadion. Wie ein Trauerzug trotteten alle Reporter hinter Schuster her. Kein anderer Trainer dürfte in ähnlicher Lage mit soviel Respekt rechnen. Oder ist es Selbstschutz? Bernd Schuster ist alles, was den 1. FC Köln und die, deren Arbeitsobjekt er ist, noch mit der großen Fußballwelt verbindet. Ohne Schuster wären sie alle endgültig in der grauen Welt der Unterklassigkeit angekommen. Mit Schuster ist der 1. FC Köln nun Tabellenvorletzter. „Wir sind an einem Punkt angelangt, wo es nicht mehr weitergeht – runter“, sagt er. Nur was er jetzt tun soll, weiß er auch nicht.

Als Schuster noch beim Lokalrivalen Fortuna arbeitete, galt er als Trainer, der seine Spieler mitreißen kann. Beim FC funktioniert das nicht. Seit dem Auftaktsieg in Gütersloh hat man nur noch ein Remis geschafft. Nachwuchsspieler sind überfordert, Routiniers erhöhen stetig ihre Fehlerquote und reduzieren ihren Einsatzwillen. Schusters Neigung zum riskanten und offensiven Spiel macht die Mannschaft nicht stabiler. Caspers hält trotz allem an der Zielsetzung Aufstieg fest, Schuster sagt dazu lapidar: „Warum nicht?“ Aber am Ende hängt alles an den Spielern.

Claus-Dieter Wollitz stand im Regen auf der Tartanbahn, sah an seinen verdreckten Beinen herunter und sagte: „Wir sind vom Aufstieg so weit weg wie ich hier, wo ich stehe, vom Mond.“ Katrin Weber-Klüver