Sie kommen mit der Kalaschnikow

■ Ausländische Straftäter werden von Medien meist ganz anders behandelt als ihre deutschen "Kollegen". Sie werden als brutaler und gefährlicher dargestellt, ergab eine neue Studie

Sie bilden Banden, regieren wie „Drogenbosse“, erschießen „Landsmänner“ mit „Knarren aus Osteuropa“ oder kämpfen „mit der Kalaschnikow für den Gottesstaat“: Wenn deutsche Medien über ausländische Straftäter berichten, sind stereotype Darstellungen oft nicht weit. Über ihre deutschen „Kollegen“ liest man viel häufiger, sie hätten als Einzeltäter agiert oder, wenn es mehrere waren, „als Sextett“ – jedenfalls zählen sie nicht gleich zur Mafia.

Den Umgang deutscher Printmedien mit Straftaten ausländischer und deutscher Täter hat jetzt das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) analysiert. Fazit: Ausländische Straftäter werden in der Regel als brutaler und gefährlicher dargestellt und kommen außerdem seltener zu Wort als deutsche. Gerne werde, so die Forscher, die die Studie im Auftrag der NRW-Landesregierung erstellt haben, bei der Berichterstattung über ausländische Straftäter auch darauf eingegangen, der Täter hätte „aus wirtschaftlichen Gründen sein Land verlassen“ oder beziehe hier Sozialleistungen – auch wenn weder das eine noch das andere im Zusammenhang mit der Tat stehe.

Ein Vierteljahr lang haben die vier Sprachwissenschaftler die Tageszeitungen Frankfurter Rundschau, FAZ, Bild, WAZ und Rheinische Post sowie den Spiegel ausgewertet. Dabei stellten die Autoren auch fest, daß Täter von seriösen Zeitungen oft „auf subtile Weise markiert“ würden: durch die Beschreibung des Äußeren („der dunkelhäutige Mann“), der Sprache („Deutsch mit Akzent“) oder schlicht durch Namensnennung. In letzterem Fall, so die Verfasser, sei es bei ausländischen Straftätern außerdem weithin üblich, sie lediglich mit dem Vornamen zu nennen.

Als ein Beispiel, dem oft vorgeworfen wurde, rassistisch gefärbte Berichterstattung zu dokumentieren, hat das Team auch die Spiegel- Titelgeschichte über „das Scheitern der multikulturellen Gesellschaft“ vom Frühjahr 1997 analysiert. „Besonders hervorstechend“ erschien ihnen dabei die massenhafte Verwendung militärischer Begriffe, die erst deutlich werde, wenn man sie aus dem Text löse. Eine kleine Auswahl: „Zeitbomben“, „explosive Spannung“, „Festung“, „Einsatzfahrzeuge“, „Revolten“, „Fronten“, „Kampf der Kulturen“, „Sprengkraft“.

Doch den Sprachforschern, die sich seit Jahren mit Rassismus und Medien beschäftigen, geht es nicht in erster Linie um Medienschelte. Statt dessen haben sie auch eine Liste von Vorschlägen erstellt, wie diskriminierende Berichterstattung vermieden werden kann. Dazu gehöre vor allem, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob der kulturelle Hintergrund für die Tat tatsächlich entscheidend war. Dieser Anspruch wurde allerdings auch im Pressekodex des Deutschen Presserats längst ohne nennenswerten Erfolg formuliert: „In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur erwähnt, wenn zum Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.“ Jeannette Goddar

Margret Jäger u.a.: „Von deutschen Einzeltätern und ausländischen Banden“. Verlag DISS, 28DM