■ Die PDS verhindert im Osten keine rot-grüne Koalition in Bonn
: Wessis! Wer FDP wählt, wählt Kohl!

Der Osten entscheidet die Wahl, heißt es jetzt überall. Der Spiegel weiß es, die SPD weiß es, und die CDU merkt es auch gerade. Die Christdemokraten veranstalten einen „Aktionstag blühende Landschaften“ in Ostdeutschland. Die SPD startet eine Anzeigenkampagne in ostdeutschen Zeitungen („Liebe Bürgerinnen und Bürger in Ostdeutschland“) und plant für die fünf Ostberliner Wahlkreise Aktionen, um dort der PDS die Direktmandate streitig zu machen. So harmlos das alles aussieht – die Feststellung, daß der Osten die Wahl entscheidet, ist in Wahrheit eine Drohung. Der Osten entscheidet die Wahl, heißt für die meisten im Westen: Kommt die PDS in den Bundestag, gibt es keine Mehrheit für Rot-Grün.

Also, ihr Ossis, wenn ihr den Kohl loswerden wollt, dann laßt gefälligst die Finger von der PDS!

So ist das mit dem kleinen Osten. Wenn er sich denn mal rührt, stört er die Planspiele im großen Bonn. War da vor acht Jahren nicht schon mal was?

Das Argument, daß die PDS eine rot-grüne Koalition in Bonn verhindert, ist nicht ganz unlogisch. Kommt die PDS in den Bundestag, wird es für SPD und Grüne tatsächlich schwieriger, eine Mehrheit für ihre Koalition zustande zu bringen. Aber dieser Gedanke hat nur eine innere Logik. Er läßt eine andere Logik nicht zu. Zum Beispiel die: Fliegt die FDP aus dem Bundestag und die SPD gewinnt die Wahl, hat ein rot-grünes Bündnis einen mehr als komfortablen Vorsprung; es würde gar keinen mehr interessieren müssen, ob die PDS im Bundestag sitzt oder nicht.

Also, ihr Wessis, wenn ihr den Kohl loswerden wollt, dann laßt gefälligst die Finger von der FDP!

Es gibt rationale Gründe, PDS zu wählen. Die muß man nicht teilen, aber man sollte sie zur Kenntnis nehmen. Viele sehen in der PDS die einzige Partei, die die Interessen Ostdeutschlands vertritt. Sie wählen sie aus politischer Überzeugung oder weil sie nicht daran glauben, daß ein Machtwechsel unter Schröder auch zu einer anderen Politik führt. Mal ganz davon abgesehen, daß der SPD-Kanzlerkandidat nicht gerade die rot-grüne Hoffnung ist. Die PDS nicht zu wählen, um Rot-Grün zu ermöglichen – das hieße nicht nur, sich auf ein vages Versprechen einzulassen, sondern auch noch auf eines, das Schröder nie gegeben hat.

Im übrigen: Keiner hindert SPD und Grüne daran, den Wechsel aus eigener Kraft zu schaffen. Hätten die Grünen auch nur die Hälfte ihrer Kraft, die sie jetzt für den Kampf gegen die PDS verwenden, in den Aufbau ihrer Parteistrukturen im Osten investiert, dann hätten sie heute andere Sorgen. Jens König