■ Mit verplanter Zukunft auf du und du
: Wissmanns Erbe

Berlin (taz) – Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann hat vorgesorgt: Sein Nachfolger wird dauernd an ihn denken müssen. Viele Finanzierungsvereinbarungen sind so angelegt, daß sie noch über Jahre die Verkehrspolitik bestimmen werden.

Investitionen in Höhe von 500 Milliarden Mark sieht der Bundesverkehrswegeplan von 1992 vor, den Wissmann von seinem Vorgänger übernommen hat. Daß diese Riesensumme niemals aufzubringen sein würde, war auch Wissmann schnell klar. Deshalb hat er neue Wege der Finanzierung gesucht. Zwölf Großprojekte, darunter auch der neue Elbtunnel, werden privat vorfinanziert. Auf diese Weise hat sich der Bundesverkehrsminister Luft für die Gegenwart verschafft – und gleichzeitig die Kosten den künftigen SteuerzahlerInnen aufgedrückt.

Nach der Fertigstellung der Projekte muß die Staatskasse nämlich 10 bis 15 Jahre lang die Investitionskosten abbezahlen, plus Zinsen. Dabei kommt man etwa für die Elbtunnelröhre auf 1,8 Milliarden Mark. Ursprünglich sollte sie einmal 480 Millionen Mark kosten. Diese Art, aktuelle Wünsche auf Kosten der Zukunft zu realisieren, ist vom Bundesrechnungshof mehrfach heftig kritisiert worden. Eine andere Methode Wissmanns, seinem Nachfolger die eigene Verkehrspolitik aufzudrücken, funktioniert so: Im Bundeshaushalt werden zunächst kleine Summen für einzelne Straßen festgeschrieben. Mit dem Geld, oft nur etwa 100.000 Mark für ein Projekt in mehrstelliger Millionenhöhe, werden die ersten Planungsschritte bis zum Abschluß von Bauverträgen finanziert. Die müssen dann ausgeführt werden – oder die Industrie verlangt saftigen Schadenersatz. Teuer wird es für die SteuerzahlerInnen in jedem Fall.

Und auch bei der Bahn hat sich die Bundesregierung etwas einfallen lassen, um mit mehr Geld zu wirtschaften, als eigentlich vorhanden ist. Zum einen hat Finanzminister Theo Waigel in diesem Jahr gesetzeswidrig die Schuldentilgung beim sogenannten Bundeseisenbahnvermögen ausgesetzt, das 1994 bei der Bahnreform die Verbindlichkeiten der Bahn übernommen hatte. Auch die Erlöse für Immobilienverkäufe werden dem Bundeseisenbahnvermögen vorenthalten. Wieder gab es vergebliche Rügen vom Bundesrechnungshof. Schon heute sind die Schulden des Bundeseisenbahnvermögens auf über 70 Milliarden Mark angewachsen. Allein die Zinsen dafür werden künftige Haushalte in Milliardenhöhe belasten. Annette Jensen