Mancher Anfang ist zu schwer

■ Kein Geld, keine Fans, und alle schauen nach Köln: So frustrierend hatten sich die Revier Löwen ihre zweite DEL-Saison in Oberhausen nicht vorgestellt

Berlin (taz) – Eishockey als perfekt inszeniertes Spektakel: Fast 17.000 Zuschauer beim ersten DEL-Heimspiel der Kölner Haie in der neuen „Kölnarena“. Das war europäischer Besucherrekord. Von einem Durchbruch in eine neue Dimension war die Rede.

Auch in Oberhausen gibt es eine „Arena“. Dort spielen die Revier Löwen. Eine ähnlich positive Publicity hätten auch sie sich zu Beginn der letzten Saison bei ihren ersten Auftritten gewünscht. Damals waren sie das meistbeachtete Projekt im deutschen Eishockey. Aus dem Provinzklub EC Ratingen hervorgegangen, sollten die Revier Löwen durch mitreißende Spiele das Ruhrgebiet zu einer neuen Topadresse des deutschen Eishockeys machen. Während zur Zeit in Köln Euphorie über die Rekordkulisse beim Auftakt herrscht, kamen zum ersten Heimspiel der Revier Löwen am letzten Freitag gerade einmal 2.100 Zuschauer.

Der Oberhausener Versuch ist vorerst gescheitert, auch wenn die Revier Löwen weiterhin in der DEL mitspielen. Vor einigen Wochen hatte es nicht einmal danach ausgesehen. Manager Stefan Dittmann mag das zwar nicht zugeben. Doch wenn er sagt, „im nachhinein war der Umzug sicher die falsche Entscheidung“, so läßt das den Schluß zu, daß die ursprünglichen Ziele nicht erreicht wurden. Durch den neuen Vereinsnamen sollten sich Eishockeyfans aus dem ganzen Ruhrgebiet mit dem Verein identifizieren, und der Umzug in die moderne Arena des Oberhausener CentrO sollte das provinzielle Image vergessen machen und neue Sponsoren locken.

Von all dem sind die Revier Löwen zu Beginn ihrer zweiten Saison meilenweit entfernt. Kaum Zuschauer interessieren sich für die erfolglosen Revier Löwen, die trotz einer komplett neu zusammengekauften Mannschaft letztes Jahr nur Vorletzter wurden. Nicht einmal 3.000 Zuschauer kamen pro Spiel, das war der zweitschlechteste Schnitt der Liga. Aufgrund des geringen Publikumsinteresses fiel es auch schwer, Sponsoren zu finden. Am Ende der Auftaktsaison hatte man 1,6 Millionen Mark Schulden angehäuft. Auf allen Ebenen fehlt die Kontinuität. Dittmann, der bereits der dritte Manager in Oberhausen ist, ist der Meinung, daß „in den ersten Monaten nach dem Umzug sehr vieles falsch gemacht worden ist“.

Dennoch sagt Dittmann, „was letztes Jahr war, zählt hier nicht mehr, wir schauen nur nach vorne“, fügt aber hinzu: „Wir fangen jetzt nicht bei Null an, sondern bei minus 1,6 Millionen.“ Die zweite Saison wird für die Revier Löwen vermutlich noch schwieriger werden. Der Bonus, etwas Neues anbieten zu können, ist verbraucht. Mit dem kleinsten Etat aller DEL-Mannschaften hat Trainer Mike Zettel eine junge Mannschaft zusammengestellt. „In Anbetracht der Mittel, die zur Verfügung standen, bin ich zufrieden“, sagt er. Viel mehr als mit dem Team der vergangenen Saison wird aber kaum zu erreichen sein.

Es gibt keine traditionelle Anhängerschaft, und ohne sportlichen Erfolg dürfte es künftig schwierig sein, viele neue Zuschauer ins Stadion zu locken, obwohl Verteidiger Stefan Mayer sagt: „Im letzten Jahr sind die ersten Spieler abgehauen, als es Probleme gab. Wir sind eine junge Truppe, die sich mit dem Verein identifiziert. Wir hoffen, dadurch neue Fans zu gewinnen.“

Vor allem über Siege wird es möglich sein, das neue Produkt Revier Löwen attraktiver zu machen. In den ersten beiden Spielen reichte es aber nur zu einem Punkt. Da Manager Dittmann zu alledem die geringsten Werbeeinnahmen aller Vereine zur Verfügung hat, wird es ihm schwerfallen, die Mannschaft im Laufe der Saison zu verstärken.

Erfolgreich spielen müssen auch die Kölner Haie. Die Premiere ist zweifellos geglückt, und die Haie sind im Gegensatz zu den Revier Löwen ein Traditionsverein. Doch es wird sich noch zeigen müssen, ob alle Zuschauer wirklich gekommen sind, um Eishockey zu sehen, oder ob die neue Superhalle der eigentliche Star war. Und selbst wenn sie des Sports wegen da waren, ein Team aus dem Mittelfeld werden auch in Köln keine 17.000 Menschen sehen wollen. Michael Becker