Radikale auf dem Vormarsch in der serbischen Republik

■ Obwohl die OSZE die Bekanntgabe von Teilergebnissen der Wahlen in Bosnien verschoben hat, werden erste Trends bekannt. Gutes Abschneiden der Sozialdemokraten in der Föderation

Sarajevo (taz) – Kritik hat die Entscheidung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ausgelöst, die Veröffentlichung von Teilergebnissen der Wahlen in Bosnien- Herzegowina zu verschieben. Nach den Erfahrungen von zwei Wahlen und dem großen Personalaufwand hätten die Wahlen reibungslos ablaufen müssen, monierten die Zeitung Oslobodjenje und ausländische Wahlbeobachter. So werden die Ergebnisse erst in einer Woche vorliegen.

Trotz Informationssperre sickerten Teilergebnisse durch. Laut dieser nichtoffiziellen Quellen könnte in der Republika Srpska die „Serbische Radikale Partei“, die dem Rechtsextremisten Vojislav Šešelj in Serbien nahesteht, stärkste Kraft werden. Möglich sei sogar eine Mehrheit der Rechtsextremisten im Parlament, wenngleich noch auf ein Patt mit den Reformkräften gehofft werden könnte, erklärten Mitarbeiter internationaler Organisationen.

Zumindest jedoch würde der extremistische Kandidat Nikola Poplasen von den Radikalen gegen die bisherige Präsidentin Biljana Plavšić den Präsidentenposten der Teilrepublik gewinnen. Auch das Mitglied der Karadžić-Partei SDS, Momčilo Krajišnik, hat gute Aussichten, den serbischen Sitz im Staatspräsidium zu besetzen.

In der Bosniakisch-Kroatischen Föderation dagegen hat nach Aussagen internationaler Wahlbeobachter die Sozialdemokratische Partei SDP kräftig zugelegt. Nach diesen inoffiziellen Angaben soll sie dort mit der von der muslimischen Nationalpartei SDA angeführten „Koalition“ gleichgezogen haben. Insgesamt könnten die Sozialdemokraten zur zweitstärksten Partei in der Föderation werden. In Gebieten mit mehrheitlich kroatischer Bevölkerung liegt die kroatische Nationalpartei HDZ vorn, nur regional war die „Neue Kroatische Initiative“ von Kresimir Zubak erfolgreich.

Das „komplizierte Wahlsystem“ sei schuld an der Verzögerung der Auszählung, erklärte der Stellvertreter des Hohen Repräsentanten, Hanns Schumacher, in Sarajevo. Wahlbeobachter der OSZE kritisierten jedoch auch die Organisation der Wahlen. Viele Wähler seien gar nicht registriert gewesen. Weiterhin seien die Wahlzettel so kompliziert angelegt gewesen, daß es sehr viele ungültige Stimmen gegeben habe. Auch bei der Überwachung sei es zu Fehlern gekommen. Einige Superviser kritisierten, in ländlichen Gebieten hätten in einigen Stimmbezirken unautorisierte Personen den Wählern beim Ausfüllen der Stimmzettel geholfen. Auf den Vorwurf, die Verzögerung der Auszählung sei ein Versuch, das Wahlergebnis „in politisch genehme Bahnen“ zu lenken, erklärte Robert Barry, Leiter der Bosnien-Vertretung der OSZE, „Wahlfälschungen sind unmöglich. Der Prozeß der Auszählung ist transparent und kontrollierbar.“ Erich Rathfelder

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