Beweismangel im Knast-Skandal

Im Zweifel für die Angeklagten: Prozeß gegen sieben Bremer JVA-Bedienstete wegen Körperverletzung endete mit Freisprüchen und einer Geldstrafe  ■ Aus Bremen Joachim Fahrun

Der Berg kreißte und gebar ein Mäuschen: Mit diesen Worten kommentierte der Richter am Bremer Amtsgericht das Ende eines Strafprozesses gegen sieben Bremer Justizvollzugsbedienstete wegen Körperverletzung im Amt. Das Urteil: Nur ein Angeklagter muß eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 70 Mark bezahlen, weil er im März 1996 einen Untersuchungshäftling mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat. Seine KollegInnen wurden freigesprochen.

In keinem der Mißhandlungsvorwürfe gegen die „junge Schicht“ der JVA Oslebshausen konnte eine Schuld der Angeklagten eindeutig nachgewiesen werden. Ungenau und widersprüchlich seien die Aussagen der Häftlinge gewesen, die als Zeugen auftraten. Dennoch habe die Verhandlung Mißstände im Bremer Gefängnis bestätigt.

Der von der taz aufgedeckte „Knast-Skandal“ hatte zu einem Untersuchungsausschuß der Bürgerschaft geführt. Der Anstaltsleiter und der Staatsrat im von Bürgermeister Scherf geleiteten Justizressort mußten gehen. Der Richter betonte, die Ausbildung des Personals sei unzureichend. Die Beamten seien der „schwierigen Situation“ mit „zunehmend hartgesottenen Burschen“ und dem hohen Ausländeranteil nicht gewachsen. Außerdem sei die Anstaltsleitung mit zweifelhaften Methoden einverstanden gewesen. So wurden tobende Häftlinge in Bettfesseln gebracht anstatt in Zellen, in denen sie abgeschottet werden könnten.

Letztlich rettete die Beamten der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ vor einer Verurteilung. Nur ein Schlag des verurteilten Jürgen N. sei erwiesen. Der Angeklagte hatte eingeräumt, dem Häftling in der Sicherheitszelle „eins auf die Finger“ gegeben zu haben, weil er mit der Notrufklingel „genervt“ habe. Die anderen Fälle könnten „gleichartig“ gewesen sein, sagte der Richter.

Eine der freigesprochenen Beamten war jedoch schon im Mai wegen Körperverletzung im Amt zu 13 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Sandra B. hatte in einem Fall von Selbstjustiz die Zellentüren von Sexualstraftätern aufgeschlossen, damit Mithäftlinge sie verprügeln konnten. Gegen ihre Verurteilung hat sie Berufung eingelegt.