Öko-Weltenbummler
: Wenn die Helfer zu Lernenden werden

■ 13 Jugendliche aus Oldenburg und Umzu beim Arbeitseinsatz in Nicaragua

„Was denn, Nicaragua? – Und was ist mit dem Mallorca-Urlaub?“ Ein bißchen Häme bekamen Anna Weber (18), Fadi El-Ghaze (19), Jochen Fromme (19) und Mareike Langhorst (18) schon ab, als sie sich Anfang des Jahres bei ihrer Bekanntschaft zum vierwöchigen Arbeitseinsatz nach Nicaragua abmeldeten.

Vier Jugendliche, die auf den ersten Blick zur typischen Viva-Generation gehören: Die Jungs mit kurzgeschnittenen Haaren und Koteletten, die Mädels mit Piercing, Sonnenblumen-Haarklem-men und gefärbten Haaren. Cool, jung, modern. Gemeinsam mit neun weiteren SchülerInnen aus Oldenburg und dem Ammerland halfen die vier während der Sommerferien beim Aufbau des Umweltzentrums „La Guayabita“ in der Gemeinde San Francisco Libre, Nicaragua.

„Das Haus“, so Udo Brüning vom Oldenburger Nicaragua-Verein, „soll als regionales Forschungs- und Ausbildungszentrum dienen.“ Ein Projekt der „Agenda 21“ – zur Entwicklung umweltverträglicher Technologien und nachhaltiger Landwirtschaft. Anna sagt, sie sei „eher zufällig“ darauf gestoßen. Weil sie über Nicaragua nicht nur aus den alten Revolutionsbüchern lesen wollte.

„Anfangs war ich völlig orientierungslos“, erzählt Mareike, „die fremde Sprache, der Reisestreß, die Hitze, aber auch die kargen Verhältnisse in den Familien machten mich total fertig“. Auch die anderen mußten sich erstmal daran gewöhnen, daß das Leben bei den Gastfamilien in Nicaragua, „eben doch ganz anders abläuft als hier“. Da halfen auch Vorbereitungsseminare und Sprachkurs wenig. „Die verschlucken ganze Wörter“, wundert sich Anna heute noch. Die größte Schwierigkeit: Den Gästen aus Übersee ging es oft zu langsam. Erst allmählich gewöhnten sie sich daran, daß „Manana, manana“ eben nicht nur eine Hollywood-Stereotype ist, sondern echte Lebensrealität in Lateinamerika. In den vier Wochen aber gewöhnten sich die Jugendlichen daran. Anna zum Beispiel sagt heute: „Sollen die anderen sich doch aufregen. Ich bleib ruhig.“

Auf ihrem Arbeitsplan standen die Renovierung des Umweltzentrums, der Bau von Klos und das Anlegen einer kleinen Baumschule. Gearbeitet wurde von morgens 7 Uhr bis mittags. Beim gemeinsamenkräftigen Buddeln im neuen Garten, beim Pflanzen, beim Hämmern und Sägen mit den jugendlichen „Nicas“ war schnell klar, wer hier von wem lernte. „Die waren immer schneller. Und konnten auch länger arbeiten als wir“, mußte Mareike zugeben. „Ja, und ständig wollten sie uns die Arbeit abnehmen“, ereiferte sich Anna. Das entsprach nicht unbedingt ihrem gerade erst gewonnenen Bild von der nicaraguanischen Gelassenheit. Mareike: „Da kommt halt der Machismo ganz schön durch.“ Selbstredend, daß die Frauen-Aktion „Holzbänke bauen“ äußerst skeptisch beäugt wurde. „Aber als die Bänke dann fertig waren, staunten die nicht schlecht“.

Fast wichtiger waren aber die Exkursionen. Der Besuch einer Kaffeeplantage, eines Projektes für Straßenkinder oder die Wanderung durch den Urwald. „Und viele politische Diskussionen gab's“, ergänzt Fadi, „vor allem abends, am Lagerfeuer.“ Dabei sei es hitzig, aber wenig kontrovers zugegangen. Zu sehr sei man sich einig gewesen über den „schlechten Einfluß der US-Regierung“ oder die sozialen Mißstände im Lande. Kein Wunder, daß so mancher Abend stilvoll mit „Revolutionsliedern, die dort jedes Kind kennt“ ausklang.

Marco Klemmt

Kontakt: Nicaragua-Verein Oldenburg, Tel.: 0441/27012