Guten Appetit!

In den Berliner Mensen gehen täglich knapp 5.000 Bioessen über die Theke. Das ist bundesdeutsche Spitze  ■ Von Volker Wartmann

Für häufig an der Uni anwesende, ernährungsbewußte und kochfaule Nachwuchsakademiker gibt es einen gewichtigen Grund, in Berlin zu studieren: In den zehn Berliner Hochschulmensen wird jeden Tag mittags ein Essen mit Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau angeboten. Montags, mittwochs, freitags die vegetarische Variante, dienstags und donnerstags gibt's auf Wunsch ein Stückchen Rindfleisch aus artgerechter Haltung dazu. Pro Tag gehen in den zehn Berliner Hochschulmensen während des Semesters durchschnittlich knapp 5.000 Bioessen über die Theke, das sind rund 15 Prozent der gut 30.000 ausgegebenen Mittagessen. „In punkto gesundes Essen für Studenten nimmt Berlin bundesweit damit eine Vorreiterrolle ein“, so Hans-Jürgen Fink, Geschäftsführer des Studentenwerks. Das Berliner Studentenwerk betreibt zehn Hochschulmensen sowie rund 40 Cafeterien.

Auch im Zeitalter der stetigen Mittelkürzungen will das Studentenwerk das Angebot von Bioessen in Zukunft beibehalten. Die fehlenden Mittel der öffentlichen Hand konnte das Studentenwerk bisher weitgehend durch Mieterhöhungen in den Studentenwohnheimen kompensieren. „Das Bioessen gehört inzwischen zu unserem Image. Wir würden es sehr begrüßen, wenn der Anteil in Zukunft ansteigen würde“, sagt Fink. „Viele Studenten entscheiden bei der Wahl ihres Mittagessens allerdings in erster Linie nach Geschmack, die Herkunft der Nahrungsmittel spielt bei den meisten eine nur untergeordnete Rolle.“ Die Mensen werden teilweise mit Geldern aus dem Landeshaushalt sowie aus den Beiträgen der Studenten subventioniert. „Eine Privatisierung unserer gastronomischen Betriebe befürchten wir nicht“, so Fink. „Unsere Cafeterien arbeiten weitgehend kostendeckend.“

Losgetreten wurde die Öko- Food-Welle an den Berliner Hochschulen vom Förderkreis Ökobörse Brandenburg e.V. Dieser von Studenten ins Leben gerufene Verein hatte sich zur Aufgabe gemacht, Erzeuger und Anbieter von Bioprodukten zusammenzubringen, wie Ökobörse-Mitglied Ulrich Brandstetter-Madiedo erklärt. Hervorgegangen war die Ökobörse aus einem Projekttutorium der Landwirtschaftler an der Technischen Universität Berlin (TU). 1995 hatten die Ökobörsler eine große Umfrage unter Studenten durchgeführt, ob diese das Angebot von Bioessen in den Mensen wünschten und auch bereit seien, dafür ein paar Groschen mehr auszugeben. Rund drei Viertel aller Studierenden gaben damals an, ein solches Angebot zu begrüßen. Daraufhin hatte das Studentenwerk im Sommersemester 1996 erstmals dreimal wöchentlich ein vegetarisches Bioessen angeboten, im darauffolgenden Semester wurde das Angebot auf fünf Tage die Woche ausgeweitet.

„In bezug auf die Logistik ist das Bioessen mit verhältnismäßig viel Aufwand verbunden“, erläutert Bernhard Soler, stellvertretender Einkaufsleiter im Lebensmittelbereich des Studentenwerks. „Viele Anbieter können nicht die Qualität und die Mengen liefern, die wir benötigen.“ Das Bemühen des Studentenwerkes gehe dahin, möglichst viele Produkte aus der Region zu beziehen. Jedoch könnten die regionalen Erzeuger den Anforderungen des Studentenwerkes nicht immer gerecht werden, so Soler. In der Regel bezieht das Studentenwerk nur verbrauchsfertige Ware, das heißt beispielsweise, die Biokartoffeln müssen geschält, in einer vakuumgezogenen Verpackung und bei einer Temperatur zwischen fünf und sieben Grad angeliefert werden.

Die Milch wird vom Gut Schmerwitz bezogen, einem von der Suchthilfe Synanon betriebenen Demeter-Hof. Das Fleisch stammt von Ökohöfen aus Mecklenburg-Vorpommern, das Gemüse wird von der Erzeugergemeinschaft Bioland Nord aus Niedersachsen geliefert.

„In den Cafeterien des Studentenwerkes ist es seit Jahren eine Selbstverständlichkeit, Transfair- Kaffee und Biomilch anzubieten“, sagt Brandstetter-Madiedo. Bei manchen Produkten gibt es gar keine Wahl mehr zwischen konventionell und bio: So sind auch alle zu konventionellen Gerichten angebotenen Kartoffeln aus kontrolliert-biologischem Anbau.