Energie aus Salatsauce

■ In Freiburg steht das erste Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk Baden-Württembergs. Gefeuert wird mit Rapsöl. 160 Tonnen Kohlendioxid bleiben der Atmosphäre dadurch pro Jahr erspart

Ferdinand Biselli steckt seinen Finger in den Ölkanister und dann in den Mund. „Kaltgepreßtes Rapsöl“, sagt er, „das kann man auch für Salatsauce verwenden.“ Doch in der Wohnsiedlung auf dem ehemaligen Freiburger Kasernengelände Vauban nutzt man das Rapsöl anderweitig: 50.000 Liter werden jährlich in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) verfeuert. Das ergibt eine Ausbeute von 130.000 Kilowattstunden Strom und 220.000 Kilowattstunden Wärme – ausreichend für alle 250 Bewohner der vier Häuser.

Seit September 1996 läuft das Kraftwerk und ist damit das älteste und noch immer einzige funktionierende Pflanzenöl-BHKW in Baden-Württemberg. Neben Rapsöl wurde auf dem Vauban- Gelände auch schon Leinöl und Sonnenblumenöl verfeuert. Zur Zeit wird der Einsatz von Traubenkernöl geprüft – Abfälle der Weinproduktion. Und selbst Küchenfette kann man hier energetisch nutzen.

Das Kraftwerk ist eine ökologische Innovation. 160 Tonnen Kohlendioxid bleiben der Atmosphäre dadurch jährlich erspart, gemessen an der Nutzung fossiler Energieträger. Das Rapsöl kommt aus der Region, es stammt aus Pflanzen, die auf stillgelegten landwirtschaftlichen Flächen ohne Dünger angebaut wurden. „Wir könnten auch Palmöl aus Thailand kaufen“, sagt Kraftwerksbetreiber Biselli, das sei nur ein Drittel so teuer wie das Rapsöl. Doch würde dann die Ökobilanz deutlich schlechter – der Transport frißt zuviel Energie. Dank des regionalen Rohstoffs werde für Produktion und Transport eines Liters Rapsöl nur 0,2 Liter Mineralöl benötigt.

Der Umweltvorteil des Rapsöls ist noch vielfältiger. Bei der Erzeugung von Rapsöl entsteht als Abfallprodukt „Rapskuchen“, ein gutes Kraftfutter für das Vieh, das ähnliche Produkte aus Soja, energiefressend in Übersee produziert und anschließend um die halbe Welt transportiert, ersetzen kann.

Das einzige Problem sind noch die Kosten. Der Liter Rapsöl schlägt mit 85 Pfennig zu Buche, Diesel würde nur die Hälfte kosten. Weil die Freiburger Stadtwerke FEW für eingespeisten Strom aber nur 15 Pfennig je Kilowattstunde vergüten, die Stromerzeugung aber selbst mit Diesel das Doppelte kostet, war die Einspeisung ins Netz bislang nicht attraktiv. Anders gerechnet aber ist der eigene Strom trotzdem wirtschaftlich: Weil die FEW zu Zeiten hoher Netzlast bis zu 57 Pfennig je Kilowattstunde verlangt, macht es Sinn, mit eigenem Strom den Bezug aus dem Netz zu reduzieren.

50 Kilowatt leistet der Motor elektrisch, 80 Kilowatt thermisch. Doch weil bislang die Abnehmer für den Strom fehlten, konnte das Kraftwerk nicht einmal 3.000 Voll- Laststunden im Jahr laufen. Noch in diesem Jahr wird sich das aber ändern. Die Wärme wird bald über ein Nahwärmenetz weiteren Haushalten zur Verfügung gestellt, und der Strom wird über den Freiburger Förderverein Energie- und Solaragentur (fesa) im Rahmen eines „grünen Tarifs“ an umweltbewußte Privat- und Gewerbekunden kostendeckend verkauft. Vom nächsten Jahr an werden jährlich 350.000 Kilowattstunden Strom erzeugt.

13,5 Liter Öl werden bei Vollast pro Stunde verheizt. Das Kraftwerk nutzt 95 Prozent der Energie, die darin steckt. Nur fünf Prozent gehen somit verloren – ein extrem geringer Wert, denn in konventionellen Kraftwerken liegen die Energieverluste bei mindestens 60 Prozent.

So leistet das Pflanzenöl zwar einen wichtigen Beitrag zu einem ökologisch verträglichen Energiemix. Daß der Anteil des Pflanzenöls an der Stromversorgung aber niemals die Werte erreichen wird, die Sonne, Wind und Wasser schaffen, verkennt auch Ferdinand Biselli nicht: „Wir brauchen für jeweils 1.000 Liter Öl ein Hektar Ackerland.“ Allein das Kraftwerk auf dem Freiburger Vauban-Gelände benötigt somit 50 Hektar. Der Förderverein Energie- und Solaragentur Freiburg vermarktet den Pflanzenöl-Strom, um damit den wirtschaftlichen Betrieb des Kraftwerkes sicherzustellen. Für 395 Mark können Privatkunden jährlich 1.500 Kilowattstunden Pflanzenölstrom bestellen, und damit ihre Klimabilanz verbessern. Gewerbebetriebe können für 985 Mark jährlich 4.000 Kilowattstunden Öko-Strom ordern. Die Kunden bezahlen das Geld – jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer – an den Förderverein, der es an die Kraftwerksbetreiber weiterleitet, und überprüft, daß die geforderte Strommenge von dem BHKW ins Netz eingespeist wird. Bernward Janzing

Förderverein Energie- und Solaragentur, Tel.: (0761) 40 73 61, Fax: (0761) 40 47 70, E-Mail: info@fesa.de, Internet: http://www.fesa.de