Freiheit, Abenteuer

Ein Kleinwagen wird in Handarbeit zum Familienreisegroßraumwagen. Drei Exemplare sind schon gebaut  ■ Von Hubert Filder

Die Geschichte beginnt mit einem anderen Auto, in einer Zeit, die von Woodstock, Studenten und freier Liebe geprägt war. Mit dem R4 war man unabhängig, konnte überall schlafen. Der R4 verkörperte Schutz, sagt Thomas- Hermann Hueber aus dem bayerischen Mammendorf, vierzig Kilometer vor den Toren Münchens gelegen. Das ist für mich bei Autos wichtiger als Sexappeal. Weil es diese Unabhängigkeit auf Rädern nur selten gibt – bei alten VW-Bussen vielleicht – beschloß der damals arbeitslose 48jährige, selbst ein kleines Reisemobil zu bauen, den „Berlingo Zoom“. Aus einem Citr÷n Berlingo oder dem baugleichen Peugeot Partner baut er zusammen mit seiner Frau und einer Mitarbeiterin in einer alten Lagerhalle auf 200 Quadratmetern Fläche ein Auto für unterwegs. Es erinnert an Zeiten, in denen ein Auto mehr war als ein Transportmittel, als noch nicht über Schadstoffausstoß und Tempolimits und Fünf- Mark-Benzinpreise diskutiert wurde. Runde Formen kommen wieder in Mode. Die Firma Peugeot versucht ja selbst in einem Werbespot für den Kangoo, die liebenswerte, man könnte fast sagen, weiche Seite eines Autos zu beschwören. Ein Nashorn, so die Geschichte, findet den Kangoo so anziehend, da es das Auto von hinten besteigt und wilde Rammelbewegungen vollführt.

„Die Seele des Autos ist das Klappdach“, sagt Hueber. Drei Fahrzeuge stehen derzeit in der Halle, hundert Fahrzeuge will er einmal pro Jahr umbauen. Auf Baumarktregalen liegen die Einzelteile etwas chaotisch durcheinander. Seit November vergangenen Jahres hat er das Konzept ausgearbeitet, die Dachkonstruktion zum Patent angemeldet. „Ich wollte ein Alltagsauto bauen, das man auch ohne Einrichtung benutzen kann, das man dann aber schnell umbauen kann, wenn man etwa zum Segeln, Surfen oder Mountainbiken fährt.“ Hueber greift, wo es nur geht, die Rundungen des Fahrzeugs auf. Alle Inneneinbauten, ob Vorrats- und Wäscheschrank, Arbeitsfläche mit Herd und Spüle zum Herausziehen, Kleiderschrank oder Kühlschrank, passen sich an die Wölbung der Außenhaut an. „Da ist kein Zentimeter verschenkt,“ sagt Hueber. Monatelange Entwicklungsarbeit steckt dahinter. Wer ihn mit seinen rabenschwarzen Fingerkuppen sieht, kann sich vorstellen, wie viele Nächte er gezeichnet, berechnet, die Kosten kalkuliert hat. Die Möbel aus hellem Pappelsperrholz kann man innerhalb von eineinhalb Stunden aus- oder einbauen, aus einem Fünfsitzer das Reisemobil für bis zu drei Personen machen. 1,27 Meter ist das Auto breit und Hueber verspricht, daß im Klappdach ein Bett einer Fläche von 1,2 mal 2 Meter Platz findet. „Das ist wie eine Maisonettewohnung auf Rädern,“ sagt er.

Es sei ein Auto für Menschen, die ihre Freizeit in der Natur verbringen, die aktiv sind, eine Art mobiles Biwak, etwa wenn er nach Lappland fahre, um dort Kajaktouren zu machen, seine Lieblingsbeschäftigung. „Zwerg Nase“ nennt es der gebürtige Berliner, der seit vierzig Jahren in Bayern lebt, liebevoll. Wie eine gewölbte Nase sieht das Dach des 4,14 Meter langen (etwa Golf-Länge) Minivans auch aus. Fast frech schiebt es sich über die Windschutzscheibe nach vorn. Dort ist dann der Stauraum für das Bettzeug. Dieses Stück an Formschönheit sei schwierig zu bauen, weil es eben sphärisch gewölbte Flächen nach allen Seiten seien, sagt Hueber. Geschlafen wird unterm Dach. Darunter seien alle verstauten Sachen verfügbar, man könne sich morgens einen Tee kochen, während der andere oben noch weiterschläft. Unabhängigkeit eben, ohne Streß.

Und Unabhängigkeit ist wichtig für den Mann, der Gründungsmitglied der Grünen ist, der 1980 für die Grünen im Bundestag kandidiert hat, der von sich sagt, er sei bekennender Alt-68er. The times they are A-changin'.

Informationen im Internet: www.zoommobil.de und unter Telefon: (08145) 951 200, Preis für das Fahrzeug: zirka 39.000 Mark