Bankenreform in Japan

■ Regierung und Opposition wollen nur noch überlebensfähige Finanzhäuser stützen

Tokio (taz) – „Die Regierung hat unsere Offerte akzeptiert“, verkündete der sichtlich übermüdete Naoto Kan, Japans Oppositionsführer, am gestrigen Freitag höflich. Für Details über die Einigung um ein umstrittenes Banksanierungskonzept vertröstete Kan die Öffentlichkeit auf später.

Trotzdem begann sich in Tokio wieder etwas Optimismus zu verbreiten. Endlich kann das Kernproblem für den wirtschaftlichen Niedergang Japans angegangen werden. Nichts Geringeres als Problemkredite in der Höhe von 151,37 Billionen Yen müssen in den nächsten Jahren aus den Bilanzen der japanischen Finanzinstitute getilgt werden.

Das ist eine Herkulesaufgabe, von deren Gelingen nicht nur der zukünftige Gang der japanischen Wirtschaft abhängt, sondern der Lauf der gesamten Weltwirtschaft. Geeinigt haben sich die japanischen Politiker grundsätzlich auf zwei Punkte: Erstens sollen nur solche Banken in den Genuß von staatlicher Finanzunterstützung kommen, die eine reale Überlebenschance haben. Ausgeklammert wurde dabei die seit Monaten im Schlaglicht stehende Long Term Credit Bank (LTCB), die von dem im Frühjahr bewilligten Finanzstabilisierungspaket über 13 Billionen Yen keine Zuschüsse erhalten soll. Die faktisch bankrotte Großbank soll statt dessen vorübergehend verstaatlicht werden, um Panikreaktionen auf dem japanischen Bankenplatz zu vermeiden. Auf welche Weise und wann diese Verstaatlichung über die Bühne gehen soll, blieb vorerst offen.

Andererseits soll das übermächtige Finanzministerium (MoF) substantielle Kontrollfunktionen im Finanzsektor bis Mitte 1999 verlieren. Für die Sanierung im Bankensektor soll eine unabhängige Aufsichtsbehörde geschaffen werden, die über das Überleben von Finanzinstituten entscheiden wird. Offen blieb dabei, aus welchen Kreisen die Besetzung dieser Behörde rekrutiert wird.

Es sind die offenen Punkte, die über den Erfolg oder Mißerfolg des jüngsten Sanierungskonzeptes entscheiden werden. „Entscheidend ist, daß das Finanzsystem seine Glaubwürdigkeit zurückgewinnt“, sagt Alicia Ogawa, Head of Research im Investmenthaus Salomon Brothers Smith Barney in Tokio.

Solange die Problemkredite der einzelnen Banken und ihrer Tochtergesellschaften nicht schonungslos offengelegt werden, wird jeder Yen an öffentlichem Geld das Mißtrauen im Volk und bei ausländischen Anlegern nur steigern. Die Details des Sanierungsplanes werden dann zeigen, ob sich Japans Finanzsystem tatsächlich stabilisieren läßt. André Kunz