Die Rechten lieber gar nicht erst ignorieren

■ Laut Umfragen liebäugeln 20 Prozent der Mecklenburger mit einer rechten Partei. Dennoch gibt es keine gemeinsame Strategie der Landtagsfraktionen gegen die rechtsextremen Politiker

Keine stillen Absprachen, keine geheimen Strategiepapiere. Und schon gar kein Bündnis zwischen den Schweriner Landtagsfraktionen CDU, SPD und PDS gegen die rechtsextremen Parteien im Land. Eine Woche vor der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern verhindert die Angst vor dem eigenen politischen Mißerfolg offensive Zusammenarbeit. „Alle gehen davon aus, daß die Rechten diesmal ins Parlament kommen“, sagt der Landesvorsitzende der PDS, Helmut Holter. Und sind „besorgt“ bis „entsetzt“. Absprachen mit der Parteikonkurrenz gibt es dennoch nicht. Schließlich sei Wahlkampf, sagt der PDS-Abgeordnete Peter Ritter, Sprecher für Antifaschismus. Jeder wirbt für sich – trotz des gemeinsamen Ziels, die Rechtsextremen von NPD über DVU bis „Republikaner“ auszugrenzen.

Auch SPD-Landeschef Harald Ringstorff ist so ein Einzelkämpfer. Der Mann, dem gute Chancen als künftiger Ministerpräsident eingeräumt werden, zieht dieser Tage über Wochenmärkte und verteilt rote Kärtchen mit dem Schriftzug: „Zeig den Rechten die rote Karte. Besonders im Osten. SPD“. Wider alle Umfrageergebnisse hofft Ringstorff, „daß die Rechten es vielleicht doch nicht schaffen“. Sollten doch demnächst rechtsradikale Abgeordnete im Landtag sitzen, helfe laut Ringstorff nur eins: „Sie ignorieren.“ Diesen Tip hat die Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis, ihrem Parteifreund gegeben. Sie muß es wissen, hat sie doch zwischen 1992 und 1996 die DVU im Kieler Landtag ertragen: „Viel“, sagt Simonis, „können Sie nicht machen gegen die Rechten. Sie müssen nur gucken, daß die sich totlaufen.“

Doch da ist man ratlos in Schwerin. „Das müssen wir sehen, wenn es soweit ist“, sagt der SPD-Abgeordnete Gottfried Timm. „Zusammenhalten“ sollten die „demokratischen Parteien untereinander“ schon, meint er. Wie, weiß niemand. Das Problem wird verschoben. Das Eingeständnis der Konzeptionslosigkeit fällt schwer.

Derweil verbreitet die CDU gequälten Optimismus: „Wir gehen weiter davon aus, daß die Rechten es nicht schaffen“, gibt Parteisprecher Wolfram Axthelm die Parole aus. „Deswegen bereiten wir uns global auch nicht darauf vor.“

„Politisch ächten“ will PDS- Chef Holter die Braunen, sollten sie im Parlament hocken. Das aber wiederum wollen nicht alle Kollegen der PDS. „Mit Totschweigen wird man das Problem nicht lösen“, sagt PDS-Mann Ritter. „Es bringt nichts, während ihrer Reden rauszugehen und nachher im Plenarprotokoll nachzulesen, was sie unkommentiert fordern konnten.“

Das sieht der aussichtsreiche Rostocker CDU-Direktkandidat Michael Necke auch so: „Besser ist es, ihnen Verantwortung zu geben.“ Nur über die „Einbindung in Ausschüsse“ lasse sich politische Unzulänglichkeit nachweisen. „Wer sie ignoriert, gibt ihnen bloß eine größere Plattform.“

Michael Necke befürwortet daher ein parteiübergreifendes Bündnis gegen Rechts – auch mit der ansonsten so verhaßten PDS. Das dürfte dem 24jährigen Politneuling Prügel von der eigenen Partei bescheren: „Wir schließen mit der PDS kein Abkommen“, lautet das kategorische Nein von CDU-Sprecher Axthelm. „Man kann den Teufel nicht mit dem Beelzebub austreiben.“ Heike Haarhoff