Schwere Wahl

■ Initiative „Mehr Demokratie“ fürchtet Abstimmungs-Chaos beim Volksentscheid

In der Woche vor dem ersten Volksentscheid in der Hansestadt gehen die Vertreter der Bürgerinitiative „Mehr Demokratie“ mit 300.000 Flugblättern, 20.000 Infozeitungen und 30.000 Aufklebern in die Aufklärungsoffensive. Nicht ohne Grund, denn viele der gut 1,2 Millionen wahlberechtigten HamburgerInnen wundern sich, warum und wofür sie neben dem Aufruf zur Bundestagswahl am 27. September eine zweite Wahlkarte zugeschickt bekommen haben. „Viele Bürger bemängeln, daß sie durch die Stimmzettel nicht wissen, worüber sie abstimmen“, so Initiativensprecher Marcus Hiller.

Direkte Demokratie ist für die Hamburger neu. Als eines der letzten Bundesländer ermöglicht der Stadtstaat seit einer Verfassungsänderung im Jahre 1996 plebiszitäre Bürgermitbestimmung. Und gleich zu Anfang stehen nicht eine Sachfrage zur Abstimmung, sondern die drei Stufen der Volksgesetzgebung – Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid – selbst mit Fragen über Mindestbeteiligungen und Zustimmungsqouren.

„Mehr Demokratie“ will die Hürden für Volksbefragungen senken. 10.000 statt 20.000 Unterschriften für den ersten Schritt, die Volksinitiative. Fünf statt zehn Prozent beim Volksbegehren sowie eine einfache Mehrheit beim Volksentscheid statt der bisherigen Ein-Viertel-Mindestbeteiligung (in Hamburg rund 300.000 Wähler). Bei verfassungsändernden Volksentscheiden fordert die Initiative eine Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bisher müssen mindestens 50 Prozent der wahlberechtigten Hanseaten mit „Ja“ stimmen. Daneben sollen Bürgerentscheide auch in den sieben Bezirken möglich sein.

Der Gegenentwurf der Bürgerschaft hält an Zustimmungsquoren fest: 40 statt 50 Prozent bei verfassungsändernden und die Zustimmung von 20 Prozent bei einfachen Volksentscheiden lautet der Vorschlag. Die Halbierung der Quoren bei Volksinitiative und -begehren wurden übernommen.

Sollte keiner der beiden Vorschläge eine Mehrheit finden, womit gerechnet wird, will sich die Bürgerschaft erneut mit dem Thema beschäftigen. sj