Teure Planspiele, niedrige Löhne

Sozialbehörde will Personalabbau mit Arbeitsmarktmitteln sponsorn. Auch Stadtreinigung plant eigene Beschäftigungsgesellschaft  ■ Von Florian Marten

Mit Arbeitsmarktmitteln die eigenen Kosten senken? Hamburger Staatsinstitutionen wissen wie: Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) beschloß im Frühsommer 1998 die Ausschreibung eines „Modellvorhabens Förderung der Mobilität und Weiterqualifizierung im Hinblick auf den externen Arbeitsmarkt in der BAGS“. Auf deutsch: Staatlich finanzierte Arbeitsberater sollen BAGS-Beschäftigte zum freiwilligen Ausstieg überreden, weil die BAGS Personal abbauen muß.

Weil die 1997 von der BAGS gegründete „Arbeitsstiftung Hamburg“ über Auftragsmangel klagt, sollte nach Möglichkeit die Arbeitsstiftung mit ihren Geschäftsführern Detlev Scheele (SPD, Chef der Beschäftigungsträgers HAB) sowie Klaus Gotha (SPD, Chef der Beschäftigungsträgers Zebra) den Zuschlag erhalten. Der Wert des Auftrags wurde auf 400.000 Mark festgesetzt – nur so kam man um eine europaweite Ausschreibung herum. Drei Anbieter, die private Unternehmensberatung Schümann, die Gewerkschaftsfirma Zeitwerk und natürlich die Arbeitsstiftung durften am 13. August ihre Angebote präsentieren.

In einer ersten Bewertung durch die Personalentwicklungsabteilung der BAGS schnitten allerdings alle drei Unternehmen miserabel ab: „Keiner der Anbieter konnte zweifelsfrei überzeugen.“ Kein Wunder: Keines der Unternehmen konnte Praxiserfahrung vorweisen, aber alle wollten mehr Geld. Statt 400.000 sollten es ein bis zwei Millionen Mark für die Vermittlung von gerade mal 50 BAGS-MitarbeiterInnen sein. Dafür wußte Scheeles Arbeitsstiftung, woher zumindest ein Teil des zusätzlichen Geldes kommen sollte: aus dem sogenannten „Deckungskreis 01“ im Hamburger Haushalt, dem Sammeltopf für die gesamte Arbeitsmarktpolitik.

Während die BAGS noch darüber nachdenkt, wie sie ihre Idee dennoch verwirklichen kann, greift auch die Stadtreinigung nach Arbeitsmarktmitteln. Dabei bekennt sich die städtische Müllfirma ganz offen zum Zweck ihrer auch vom grünen Umweltsenator Alexander Porschke unterstützten Initiative: „Vorrangiges Ziel der beabsichtigten Tochterfirma ist die Nutzung staatlicher Förderproramme zum Abbau von Arbeitslosigkeit“.

ABM-Kräfte sollen den Jungfernstieg putzen, Recycling-Container leeren, sich um „Straßenbegleitgrün“ kümmern, vor allem aber mögliche Billig-Privatbewerber von Hamburg fernhalten. Dafür aber muß man selber billig sein: Ein bereits ausformulierter Tarifvertragsentwurf sieht Dumpinglöhne von um die 3000 Mark vor. Die Gewerkschaft ÖTV zeigt sich wenig erfeut. Hamburgs ÖTV-Boß Rolf Fritsch kündigt an, daß das letzte Wort noch nicht gesprochen sei: „Wir würden niemals einem Tarifvertrag zustimmen, der unter unserem im vorigen Jahr vereinbarten ABM-Tarifvertrag liegt.“ Auch wolle er „strikt darauf achten, daß eine derartige Beschäftigungsgesellschaft keine Konkurrenz für die bereits bestehenden Beschäftigungsträger wird“.