Ganz A jubelt, B ist enttäuscht

FB 15–A 8: FSA 22–TWPB 1–NSA 7–TWPB 1–ETB 27! Warum Dortmund nach dem 1:3 in Leverkusen mit zuviel Mittelfeld nur fürs Mittelfeld taugt  ■ Aus Leverkusen Bernd Müllender

Es sollte ein richtungweisendes Spiel sein zweier miserabel gestarteter Mitfavoriten. Nachher hatte Borussia Dortmund verloren und die Verantwortlichen redeten schön: Die Moral habe gestimmt, sagte Trainer Michael Skibbe, der in der ersten Halbzeit gar „dem vielleicht besten Saisonspiel“ beigewohnt haben wollte. Manager Meier wollte sich zu „keinem Vorwurf“ durchringen und war froh, daß sich die Seinen „nicht haben abschlachten lassen“. Bescheidenheit ist Trumpf beim Ex-Champions-League-Triumphator.

Wo die verbale Analyse stockt, muß die Statistik her. Hoch oben in der BayArena hocken die Zahlenfexe vom Bezahlsender Premiere und notierten, mit Fernglas bewaffnet, ständig die postmodernen Hieroglyphen des Fußballs: A 5–B 18, B 33–A 15. Oder: KDB 11–A 3. Oder: AB 30. Was heißt, wer einen Zweikampf von A (Leverkusen) gegen B (Dortmund) gewonnen hat. Daß Dortmunds Herrlich (Nr. 11) ein KD (Kopfballduell) gegen Bayers Happe (Nr. 3) gewann. Oder Salou ins A gelaufen war, ins Abseits.

Seitenweise füllten sich die Blätter mit Hunderten Einzelheiten, wobei die Analysten darauf hinwiesen, daß sie all ihre Daten sonst direkt in den Rechner eingäben mit speziellem Graphikprogramm, was dann jeder einzelner Szene einen Ort auf dem Spielfeld zuordne und dies ein sehr schönes und aussagekräftiges Muster ergebe. Heute aber streike der Sportskamerad Computer, und so müsse man leider manuell vorgehen. Dabei diktierten sich zwei Nebeneinandersitzende all die Daten per Headset vom Mund ins Ohr. Das hatte hochtechnische Kompetenz und etwas sehr attraktiv Albernes. A 10–B 18, A 2–B 10, B 33–A 11. Und immer wieder FB 5, Foul von Kohler. Und Ball ins Aus.

So kam es – siehe Überschrift – zur entscheidenden Szene gleich nach der Pause: Foul von Dortmunds Nijhuis mit der Nummer 15 an Bayers Ze Roberto mit der 8; Freistoß Beinlich, erste Torwartparade Klos, Nachschuß Kovac, Klos wehrt wieder ab, und Feiersinger lupft beim ungeschickten Abwehrversuch ins eigene Tor. B 1, B 5, B 10, B 15, B 19 guckten sich und B 27 wortlos an. Und ganz A jubelte. Am Ende sagte die Statistik: Leverkusen hatte mehr Zweikämpfe gewonnen. Ganz einfach.

Borussia Dortmund hat einen Kader von sagenhaft 34 Spielern. Die Arithmetik verlangt, daß 20 bis 23 von ihnen jeden Samstag zugucken müssen. Wie will man da Unzufriedenheit vermeiden? Im Mittelfeld gibt es Kandidaten im Dutzend, vor allem an sogenannten Kreativspielern. Möller, Häßler, But: Drei sind zwei zuviel. Derzeit murrt der halbhohe Icke heftig und macht Dienst nach Vorschrift. Skibbe: „Er strotzt nicht gerade vor Energie und Tatendrang.“ Und musterte ihn aus. Gleichzeitig fehlt es im Mega-Ensemble des BVB komplett an Spielern für die wichtigen Außenpositionen. Jörg Heinrich ist zu Geld gemacht. Reuter altert und ist verletzt. Knut Reinhardt dürfte nach seiner ungelenken Vorstellung auf Dauer verspielt haben. Und sonst? Niemand da: Lars Ricken (versauerndes Dauertalent) versuchte sich rechts ohne gute Szenen. Eigentlich soll Steffen Freund dort spielen, will aber nicht, Skibbe schickte ihn auf die Tribüne. So kam es, daß Stopper Carsten Baumann in der zweiten Halbzeit rechts draußen wirkte und links der schwache Dede. Immerhin: Erich Ribbeck zu Ribbeck, der am Vorabend des 100. Todestages seines Entdeckers Theodor Fontane an den Ort seiner letzten hochkreativen Trainertätigkeit (Bernd Schuster Libero) gekommen war, lobte die Borussen kraft seiner Kompetenz als neue Doppel-Berti-Hälfte: „Gut gekämpft.“ Zudem machte er klar, daß er sich „nicht bedroht“ fühle vom plötzlichen Auftauchen des Kaisers F. In der Führungsetage des DFB! Nein, das sei auch „nicht überraschend“, er selbst, Sir Maus, habe davon, und wir staunten, „schon länger gewußt“, denn, und wir steigern unser Staunen: Beckenbauer sei ja für die Kampagne EM 2000 engagiert. Bitte? Denn: „Noch haben wir die ja nicht!“ Bitte? Noch nicht? Soll die nicht in Belgien/Holland stattfinden? Skibbe beklagte schließlich das „fehlende Glück, Torchancen heraufzubeschwören“. Vielleicht fehlt es tatsächlich an einem guten Geist. Kann eine neue Nummer 35 wieder Ts für B garantieren? Fraglich: Schon am Samstag spielte der BVB mit einer durchschnittlichen 17,8182. Das scheint viel zu viel. Aber Genaues wissen wir nicht. Höchstens: Das Spiel endete mit dem abschließenden SPf des SR und einem TTTA: TB.

Borussia Dortmund: Klos (1) – Feiersinger (27) – Kohler (5), Nijhuis (15) – Ricken (18) [69. Dede (17)], Baumann (33), Hengen (19), Möller (10), Reinhardt (2) [46. Chapuisat (9)] – Herrlich (11) [57. But (29)], Salou (30)

Zuschauer: 22.500 (ausverkauft), Tore: 1:0 Nico Kovac (34.), 2:0 Feiersinger (48./Eigentor), 3:0 Meijer (56.), 3:1 Möller (75.)

Leverkusen: Matysek (30) – Nowotny (5) – R.Kovac (2), Happe (3) – N.Kovac (7), Emerson (10) [77. Zivkovic (6)], Ramelow (28), Beinlich (22), Ze Roberto (8) – Kirsten (9) [6. Meijer (11)/86. Heintze (19)], Rink (15)