In Deutschland politisch aktiv, in der Türkei gefoltert

■ 27jähriger Kurde wird in der Türkei gefoltert, nachdem er sich in der Bundesrepublik für die extremistische PKK engagiert hat. Gericht verfügte Abschiebung, weil es keine Gefahr sah

Hannover (taz) – Wegen politischer Aktivitäten in der Bundesrepublik, welche die deutsche Justiz nicht als Abschiebehindernis ansah, hat der 27jährige Kurde Hüsni Almaz nach Angaben des niedersächsischen Flüchtlingsrates in seiner Heimat schwere Mißhandlungen erdulden müssen. Der 27jährige, der im Sommer fünf Wochen nach seiner Ankunft in der Türkei verhaftet wurde, sieht jetzt einem Gerichtsverfahren wegen „Hilfeleistung und Unterstützung der PKK“ und einer mehrjährigen Haftstrafe entgegen.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück hatte nach Angaben des Flüchtlingsrates im März dieses Jahres die politischen Aktivitäten des 27jährigen in der Bundesrepublik als unbedeutend eingestuft. Es sei in hohen Maße unwahrscheinlich, so begründete das Gericht seine Ablehnung des Asylantrages, daß dem jungen Mann aufgrund von Teilnahme an Kurdendemonstrationen und Veranstaltungen oder aufgrund von Interviews, die vom kurdischen Fernsehsender MED-TV ausgestrahlt worden waren, eine politische Verfolgung drohe.

Die dem Flüchtlingsrat vorliegende Anklageschrift, über die das Staatssicherheitsgericht Diyarbakir am 29. September verhandeln will, wirft Hüsni Almaz nun genau vor, er habe in der Bundesrepublik für die PKK demonstriert, plakatiert und an PKK-Veranstaltungen teilgenommen. Die Gerichtsakten enthielten auch ein inzwischen widerrufenes Geständnis, das der 27jährige unterschrieben habe, nachdem er Ende Juli auf der Gendarmeriewache in Derik schwer gefoltert worden sei, sagte ein Sprecher des Flüchtlingsrates. Türkische Soldaten hätten im April 1997 überdies die Mutter des Mannes zusammengeschlagen, nachdem der kurdische Sender MED-TV ein in der Bundesrepublik aufgenommenes Interview mit ihrem Sohn ausstrahlte. Diesen Vorfall habe das Verwaltungsgericht Osnabrück später in seiner Asylentscheidung als irrelevant eingestuft.

Verfolgung und Folter droht nach Angaben des Flüchtlingsrates auch dem kurdischen Flüchtling Isa Ötles, für dessen Abschiebung jetzt das Verwaltungsgericht Hannover grünes Licht gegeben hat. 1993 war der ebenfalls 27jährige Ötles an einer versuchten Besetzung des türkischen Konsulats in Hannover beteiligt. Wegen der gleichen Besetzung war der Flüchtling Mehmet Ali Akbas nach seiner Abschiebung in der Türkei verhaftet und schwer gefoltert worden. Die deutschen Behörden erlaubten deswegen im Mai seine Wiedereinreise in die Bundesrepublik. Jürgen Voges