Knabbern am Ausbildungsplätzchen

Das Projekt Bus hilft Jugendlichen bei der Lehrstellensuche  ■ Von Judith Weber

Ausbildungsplätzchen sind leicht zu kriegen. Sie liegen auf dem Keksteller im Büro, direkt neben der Dose mit den Arbeitsplätzchen, die etwas größer sind und mit Zuckerguß überzogen. Wer eines haben will, muß es sich nur nehmen. So funktioniert das auch mit Ausbildungplätzen, dachte Esther noch vor ein paar Monaten. Den Realschulabschluß hatte sie hinter sich, zwei Jahre höhere Handelsschule auch. Nun wollte sie Reiseverkehrskauffrau werden, „ganz einfach, dachte ich“. Doch auf ihre Bewerbungen hin kassierte sie nur Absagen. „Da war ich schon ziemlich entmutigt“, sagt Esther. „Frustrierend war das.“

Einen Weg aus der Misere sollen ihr nun die BeraterInnen des Projekts „Betreuen und starten“ (Bus) zeigen. Bis zu acht Stunden pro Woche verbringt die Spanierin in den Räumen an der Kieler Straße 406 in Stellingen, die am vergangenen Freitag offiziell in Betrieb genommen wurden. Zwei MitarbeiterInnen helfen dort Lehrstellensuchenden, Lebenslauf und Anschreiben besser zu formulieren, üben Bewerbungsgespräche und souveränes Telefonieren. Wer noch nie am Computer gesessen hat, bekommt eine kostenlose PC-Schulung; notfalls gehen die BetreuerInnen mit zum Einstellungsgespräch. „Und sie bauen mich nach Absagen wieder auf“, lobt Esther. Bezahlt wird Bus vom Arbeitsamt, das auf diese Weise verhindern will, daß mehr SchulabgängerInnen arbeitslos werden.

An der Wand im Übungsraum hängt ein Diagramm, auf dem die verschiedenen Wege zum Ausbildungsvertrag erklärt sind – und derer gibt es viele, wenn man den roten und schwarzen Linien glaubt. Betreuerin Christiane Greve tut es. „Fünf von fünfzehn TeilnehmerInnen haben schon nach zwei Monaten eine Lehrstelle gefunden“, sagt sie stolz, „obwohl das Projekt erst seit drei Monaten läuft.“ Eine angehende Einzelhandelskauffrau haben Greves und ihr Kollege Klaus Schröder vermittelt und einen Drucker. Eine zukünftige Arzthelferin ist dabei und ein Heizungslüftungsbauer. Etwa die Hälfte der TeilnehmerInnen sind Jungen, obwohl sich das Projekt laut seinem Werbe-Faltblatt „insbesondere an Frauen“ wendet.

Angesichts der raren Ausbildungsplätze in Hamburg brauchen eben alle Jugendlichen Beratung, findet Greve – Jungen wie Mädchen, Haupt- wie RealschulabsolventInnen. Ziel ist es, „eine Stelle zu finden, die zu den Bewerbern paßt“, erläutert Greve. Einem Jungen riet sie sogar von einer Lehre als Schlachter ab, „weil er das nur gemacht hätte, um irgendeine Ausbildung zu haben“.

Esther bekam das Gegenteil zu hören. „Ich darf mich nicht nur auf einen Beruf beschränken“, hat sie gelernt. Mittlerweile laufen auch Bewerbungen als Hotelkauffrau und Reiseleiterin. In denen steht beispielsweise, daß Esther perfekt Spanisch spricht. „Das habe ich vorher nicht so deutlich reingeschrieben – ich wollte nicht damit angeben.“

Vier Monate hat Esther noch Zeit, um mit Hilfe von Bus eine Lehrstelle zu finden. Dann ist sie ein halbes Jahr dabei, und länger darf niemand am Projekt teilnehmen. Doch bis dahin, hofft die Spanierin, bekommt man nicht nur ein Ausbildungsplätzchen, sondern einen Platz.

Bus: Tel.: 5726-1105