Vom Gürteltier ist nur ganz wenig geblieben

■ Nach vier Jahren Bauzeit wurde gestern das Ludwig-Erhard-Haus für die IHK eröffnet

Es sollte eines der modernsten und architektonisch interessantesten Gebäude der Stadt werden. Der britische Architekt Nicholas Grimshaw entwarf dafür ein merkwürdiges Gebilde aus halbrunden Stahlbögen mit gläsernen Fassaden. Das „Gürteltier“, wie der Volksmund das Ludwig-Erhard-Haus an der Fasanenstraße taufte, mit mehr als 18.000 Quadratmeter Fläche für Büros der Industrie- und Handelskammer IHK, die Börse und ein Serviceund Kommunikationszentrum, machte Furore, noch bevor es realisiert war. Seit gestern, dem Tag der Eröffnung, sieht man, daß davon wenig geblieben ist – außen zumindest.

Damit sich das Haus schurgerade in die berlintypische Straßenflucht einpaßt, mußte Grimshaw dem „Gürteltier“ einen sechsgeschossigen Vorbau verpassen, der die Architektur regelrecht in Fesseln legt. Wer von der Kantstraße kommt, meint einen mittelmäßigen Bürokasten vor Augen zu haben: eckig, kompakt, unbedeutend. Ruiniert hat den neunstöckigen Bau, der insgesamt 305 Millionen Mark kostete und dem ein denkmalgeschützter Altbau zum Opfer fiel, der einstige Senatsbaudirektor Hans Stimmann. Statt die organischen runden Formen Grimshaws ernst zu nehmen, verlangte Stimmann die Begradigung entlang der Fasanenstraße.

Daß die Wirtschaftsfunktionäre, der Verein der Berliner Kaufleute und Industriellen, die Technologie-Vermittlungs- Agentur und die Wirtschaftsförderung Berlin dennoch das Haus als Repräsentationsstätte des Kapitalismus ansehen können, liegt an der Innenarchitektur, die sich der Architekt nicht vermiesen ließ. Das Ludwig-Erhard-Haus, dessen Name Programm für die darbende Wirtschaft sein soll, kommt dort groß und hell daher, nicht piefig wie seine Fassade. rola