Trotziges Surfen

In einer Eidelstedter Altenwohnanlage gehen einige SeniorInnen erstmals ins Internet  ■ Von Eva Wolfangel

„Damit mußt du dich nicht mehr beschäftigen, Opa“, hat sein Enkel zu Oswald Ulbricht kürzlich gesagt, als dieser wissen wollte, was denn das Internet sei. Da hat den 84jährigen der Ehrgeiz gepackt. Seit gestern ist er Internet-Obmann im Seniorenwohnpark michael fuchs in Eidelstedt und freut sich schon auf die Überraschung für seinen Enkel: „Der wird sich wundern, wenn er so einen elektronischen Brief von mir bekommt!“

E-mails schreiben oder surfen im WorldWideWeb ist künftig für die BewohnerInnen der Altenwohnanlage rund um die Uhr möglich. Seit der Computer mit Internet-Zugang vergangene Woche in der Bibliothek der Anlage installiert wurde, existiert auch ein „Computer-Arbeitskreis“ mit 12 interessierten SeniorInnen. Die werden nun von der Firma Entertaining Interactive Productions (EIP), die das Projekt „Senioren go Internet!“ initiiert hat, geschult.

Noch hat Oswald Ulbricht nicht viel Ahnung vom Umgang „mit dem Ding“, höchstens daddeln könne er damit. Trotzdem führt er stolz den neuen Computer vor, der zwischen alten Ledersesseln und Regalen mit Büchern in Großdruck steht. Der frischgebackene Obmann klickt eine spezielle Senioren-Internetseite an und staunt: „Was da alles steht!“

Auch die mutmaßlich älteste Userin Deutschlands, Amanda Nelson, ist beeindruckt. Die 86jährige surft schon seit einem Jahr, aber die Senioren-Page kennt sie noch nicht. „Die hast du nicht, oder?“ fragt sie ihren Enkel, von dem sie damals wissen wollte, wieso im Fernsehen so oft „www“ eingeblendet wird. Patrick Nelson beantwortet seither regelmäßig die Fragen seiner Großmutter, die jetzt gut infomiert ist: „WWW steht für warten, warten, warten“, seufzt sie und lehnt sich zurück, nachdem sie den Verweis auf der Senioren-Seite zum Thema „Sport“ angeklickt hat.

Rainer Jacken von EIP weist währenddessen auf die einfache und deutliche Anwendung der Senioren-Seite hin. Im Bereich der neuen Medien werden ältere Menschen seiner Meinung nach viel zu wenig ernst genommen, häufig säßen sie „nur vor dem Fernseher“. Dabei steigt der Altersdurchschnitt der Internet-NutzerInnen. Mittlerweile liegt er bereits bei 35,5 Jahren, 1995 lag er noch bei unter 30 Jahren, jeder dritte Nutzer ist älter als 50. „Und in zwei bis drei Jahren“, schätzt Jacken, „gehen die ersten in Rente, die heute beruflich mit dem Internet zu tun haben.“