■ Cash & Crash
: Zinssätze zwischen Konvergenz und Krise

Berlin/Brüssel (taz/rtr) – Den elf europäischen Teilnehmerstaaten der Währungsunion bleiben noch hundert Tage, bis sie jeden Einfluß auf ihre Währung verlieren. Verlustig geht ihnen damit auch die Kontrolle über Geldmenge, Inflation und Zinsen. Während die langfristigen Zinsen noch eine zeitlang zwischen Lissabon, Frankfurt und Dublin schwanken werden, verschwinden die kurzfristigen Zinssätze mit dem 31. Dezember 1998 ebenso wie ihre souveränen Währungen.

Einen Zinssatz für den Euro wird es auch ab dem 1. Januar nächsten Jahres geben. Aber welchen? Die Notenbanken von Deutschland, Belgien, Frankreich und den Niederlanden geben ihr Geld bereits einheitlich zu 3,3 Prozent aus. Österreich liegt mit 3,2 Prozent nahe daran. Aus diesem Kreis der Kernländer wird sich der Zinssatz für den Euro entwickeln, sagte gestern Wim Duisenberg, Präsident der Europäischen Zentralbank, vor dem Währungssauschuß des Europäischen Parlaments.

Das dürfte Länder wie Italien, Irland, Spanien und Portugal nicht begeistern. Sie nehmen noch rund sechs Prozent an kurzfristigen Zinsen – für das Geld also, das die Zentralbanken an die Banken zur Abwicklung der täglichen Geschäfte verleihen. Diese Staaten müssen also entweder in den nächsten drei Monaten ihre Zinssätze um die Hälfte senken, oder sie warten ab bis zur automatischen Angleichung der Zinssätze am 1. Januar.

Wim Duisenberg schloß diese zweite Möglichkeit gestern jedoch aus. Einen konkreten Zinssatz nannte Duisenberg – wie es sich für einen Zentralbanker gehört – gestern allerdings nicht und wollte auch den Wert von 3,3 Prozent nicht als Marge festlegen. Immerhin teilt er „die Hoffnung, daß wir keinen Durchschnittswert der derzeitigen Zinsen bekommen werden, sondern daß die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, daß der Zinssatz viel näher am Niveau von sechs Ländern in Europa liegen wird“.

Als unsinnig bezeichnete Duisenberg, die europäischen Zinssätze mit den USA zu koordinieren. Denn zunächst müßten sich die elf Euro-Staaten angleichen und sich nicht mit „irgend jemanden koordinieren“, der „signifikant höhere Zinsen“ habe.

Der Ruf nach angeglichenen Zinsen war durch die Rußlandkrise durch das Dickicht der Lösungsvorschläge gedrungen. Mit niedrigeren Zinsen in den wichtigen Industriestaaten USA, EU und Japan sollen die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum gebremst werden. Bisher ohne Erfolg, wie Japan zeigt. ufo