Fair Trade ist in – Alpakapullover out

■ Seit knapp einem Jahr gibt es einen neuen Fair-Trade-Shop in Bremen / Dessen Konzept ist in der Weltladen-Szene heftig umstritten, weil der Betreiber nicht auf Gewinn verzichtet und statt dessen fairen Handel „professionell“ betreiben will

Fair Trade ist in. Zwar sind die braun-grauen Alpakapullover der siebziger Jahre ebenso aus der Mode wie die „Jute-statt-Plastik“-Taschen. Mittlerweile gibt es aber sogar in Supermärkten fair gehandelten Kaffee und Tee. Nun hat der Weltladen Bremen Konkurrenz gekriegt: Seit knapp einem Jahr gibt es einen weiteren „Fair Trade Shop“ in der Bremer Innenstadt. Der sorgt für Unruhe in der Weltladen-Szene: Der „Contigo“-Laden vertritt ein neues Konzept und arbeitet nicht nach den im Alternativen Handel üblichen Kriterien. Contigo hefte sich zwar das Etikett eines Weltladens an die Ladentür, sei aber eigentlich gar keiner, so der Vorwurf aus den Reihen des Bremer Weltladens.

Diese Kriterien, die normalerweise die Grundlage für die Arbeit im Alternativen Handel bilden, werden vom Weltladen-Dachverband, einem Zusammenschluß von 260 Läden in Deutschland, festgelegt. Ein wichtige Grundsatz sind dabei vor allem, daß jederzeit ersichtlich ist, mit welchen Produzenten gearbeitet wird, wer die Ware importiert und wem wie viel gezahlt wird.

Außerdem sollten Weltläden keinen privaten Gewinn machen, alle Mitarbeiter an ihren Entscheidungen beteiligen und sich bemühen, neben dem Verkauf Informationen über die Produkte und die Armut, die durch den ungerechten Welthandel entsteht, zu vermitteln. Alle interessierten Kunden sollten die Möglichkeit haben, sich ehrenamtlich an der Arbeit eines Weltladens zu beteiligen. „So soll eine andere Form des Handels durchgesetzt werden, der den Produzenten in der Dritten Welt gerechtere Preise zahlt und verhindert, daß jemand mit dem Handel auf Kosten der anderen einen privaten Gewinn macht“, erklärt Markus Frieauff, Geschäftsführer des Dachverbands.

Contigo zeige sich zwar nach außen als Weltladen, habe sich aber größtenteils von den Kriterien verabschiedet, kritisiert er: „Von Transparenz ist bei ihnen kaum etwas zu sehen.“ Während der Weltladen Bremen alle Preiskalkulationen offen legt und so zeigt, wieviel Geld wirklich bei den Produzenten ankommt, erklärt Contigo Geschäftsführer Jürgen Majewski: „Die internen Zahlen gehen doch den Kunden nichts an. Wir legen offen, mit welchen Projekten und Organisationen wir zusammenarbeiten. Da muß uns der Kunde dann vertrauen.“

Verärgert ist man beim Dachverband aber nicht nur über die fehlende Transparenz, sondern vor allem über die Abwertung der ehrenamtlichen Arbeit von seiten Contigos. „Die Idee ist ja ehrenhaft, aber so funktioniert der Handel doch auf Dauer nicht wirklich“, meint Majewski. „Unprofessionell“ findet er die Arbeit mit Ehrenamtlichen. Mit seinem neuen Konzept will er mehr Menschen erreichen und „den Alternativen Handel zu einer wirklichen Einkaufsalternative machen“. Dagegen erklärt der Weltladen Bremen, sein Konzept funktioniere von Anfang an hervorragend mit ehrenamtlichen Mitarbeitern, die im übrigen alle regelmäßig an Fortbildungen teilnähmen.

Der dritte große Unterschied zwischen Contigo und den klassischen Weltläden ist, daß Weltläden eben nicht als das arbeiten wollen, was Contigo als „professionelle Weiterentwicklung des Alternativen Handels“ sieht: als gewinnorientiertes Unternehmen. Daher werden Weltläden in der Regel von einer Gruppe von Mitarbeitern geführt, die anstehende Entscheidungen gemeinsam trifft. Ein gemeinnütziger Verein kontrolliert darüber hinaus die Einhaltung der Kriterien des Dachverbandes. „Nur ohne private Gewinninteressen kann man den Alternativen Handel konsequent betreiben. Wenn die Gewinnmaximierung oberstes Ziel ist, werden alle anderen Aspekte ihr untergeordnet, was das Modell des Alternativen Handels ad absurdum führen würde“, meint Frieauff und rät Weltläden deshalb davon ab, bei Contigo zu kaufen: „Ich will das Konzept nicht als unseriös abtun, aber ein Weltladen ist das für mich nicht.“

Contigo hat nicht nur einen Laden, sondern importiert auch selber – direkt von den Produzenten oder von Contigo Göttingen, der als erster Laden der Franchise-Kette vor vier Jahren entstanden ist. Da die meisten Weltläden zu klein sind, um die Ware direkt bei den Produzenten zu kaufen, beziehen sie ihre Produkte ausschließlich von Importeuren, die vom Dachverband empfohlen werden.

Bei Contigo hat man offenbar kein gesteigertes Interesse, durch eine transparentere Arbeit die Vorbehalte des Weltladen-Dachverbandes aus der Welt zu räumen: Als der Dachverband kürzlich eine Befragung der Importeure durchführte, um sie bewerten zu können, lehnte Contigo Göttingen, stellvertretend für die Contigo-Läden befragt, als einziger Importeur die Beantwortung ohne Angabe von Gründen ab. Karen Adamski