Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

A Girl in every Port USA 1928, R: Howard Hawks, D: Victor McLaglen, Louise Brooks / Stummfilm mit Klavierbegleitung

„Dies ist das erste Beispiel für das Hawks'sche Thema einer „Liebesgeschichte zwischen zwei Männern“. Das Ende mit der vollkommenen Ausklammerung der Frauen aus dem Leben der beiden Hauptfiguren, mutet seltsam an, entspricht aber der Stimmung des Films. Ein anderer Mangel ist Hawks Versäumnis, das darstellerische Potential von Louise Brooks nicht erkannt zu haben. Sie hätte das Frauenbild späterer Hawks-Filme schon begründen können, doch nach einem vielversprechenden Anfang degeneriert ihre Rolle in ihrer Austauschbarkeit zu einem stark vereinfachten Emblem der Weiblichkeit.“ (Robin Wood) Kino 46

Die Akte Jane USA 1997, R: Ridley Scott, D: Demi Moore, Viggo Mortensen

„Dies ist ein extem merkwürdiger Film: Sein grober Realismus ist irritierend unrealistisch. Demi Moore spielt eine Soldatin, die als erste Frau in eine verschworene Gemeinschaft von Soldaten einbricht, und man weiß sofort, daß sie dies schafft, weil sie ja Demi Moore ist. Im Grunde ist es aber extem unglaubwürdig, daß diese kleine Frau all die Proben ihrer Kraft und Ausdauer besteht, an der eine ganze Reihe von viel stärkeren Männern scheitern. Das einzige Zielpublikum für den Film, das ich mir vorstellen kann, sind all jene, die sehen wollen, wie Demi Moore zusammengeschlagen wird.“ (Christopher Tookey) Filmstudio

Anastasia USA 1997, R: Don Bluth, Gary Goldman

„Den Angriff auf Disney, denn nichts anderes ist „Anastasia“, hat sich das Hollywood-Studio „20th Century Fox“ einiges kosten lassen. Die Zutaten stimmen: ein wenig Poesie, ein wenig Legende, viel Märchen und Kitsch, abgeschmeckt mit einem Hauch Historie. Die Geschichte der jungen Anya, die – verfolgt vom Bösewicht Rasputin – beweisen muß, daß sie die verlorene Zarentochter ist, hat alles, was auch jeden Disney-Film auszeichnet. Bleibt nur die Frage, wer sich für diese romantisch-harmlose Liebesmär interessiert.“ (TV-Spielfilm) Filmstudio

Arielle, die Meerjungfrau USA 1997, R: Ron Clements

„Zur Wiederaufführung spendierte Disney neue deutsche Synchronstimmen (u.a. Jan Josef Liefers) und neue Gesangsversionen. Erwischt hat's Ute Lempers Gesang. Das tut uns aber leid.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, MUWI-Kino (Ol)

Armageddon USA 1998, R: Michael Bay, D: Bruce Willis, Billy Bob Thornton, Steve Buscemi

„Logik, selbst deren rudimentäre Reste, darf man von einem Film wie „Armageddon“ nicht erwarten. Es wäre vermessen, zu hinterfragen, warum die NASA einen verlotterten Trupp Ölbohrer zur Asteroiden-Abwehr in den Weltraum beordert und nicht etwa – man könnte ja auf die Idee kommen – ausgebildete Astronauten. Geschenkt. Hier zählt nur das Wesentliche: Macht kaputt, was euch kaputtmacht – und sicherheitshalber auch alles andere. Alles an diesem Film ist übertrieben und restlos aufgebläht.“ (Cinema) CinemaxX, Ufa-Palast, Muwi (Ol)

B

Bin ich schön? Deutschland 1998, R: Doris Dörrie, D: Senta Berger, Gottfried John, Dietmar Schönherr, Franka Potente

„In ihrem filmischen Schicksalsreigen schickt Doris Dörrie die Crème de la Crème der deutschen Darstellerzunft auf die Suche nach Liebe, Glück und Vertreuen – in einer Vielzahl von Erzählsträngen und Episoden, die sich wie Kurzgeschichten aneinanderreihen und schließlich zu einem Ganzen bündeln. Zugegeben, manche Episoden sind arg peinlich geraten: Wie die mit Dietmar Schönherr als liebenskrankem Witwer, der den Tod seiner Gattin nicht verwinden kann. Doch immer wieder zieht die Dörrie mit Momentaufnahmen in den Bann, die unverstellt und ehrlich vom Leben erzählen. In Zeiten beschränkter Beziehungskomödien aus deutschen Landen ist „Bin ich schön?“ eine Wohltat.“ (Bremer) Europa, CinemaxX, Passage (Del), Casablanca (Ol)

Blue Note Deutschland 1997, R: Julian Benedickt / Originalfassung mit Untertiteln

„Wenn man jeden Tag Juwelen zu seinen Füßen liegen sieht, lernt man ihren Wert nie schätzen!“ so beschreibt ein schwarzer Musiker in diesem Film das Verhältnis der US-Amerikaner zun Jazz. Tatsächlich waren es immer die Europäer, die die einzige originäre Kunstform der USA als solche erkannten und förderten. Etwa die beiden jüdischen Emigranten Alfred Lion und Frank Wolff aus Deutschland, die in New York das legendäre „Blue Note“-Label gründeten, auf dem fast alle Stars des modernen Jazz epochale Aufnahmen machten.Und dieser durchgehende Groove hat der deutsche (!) Filmemacher Julian Benedickt mit seinem musikalisch, jazzigen Schnitt gut getroffen. Doch am meisten überzeugt das immense und extrem gute Ton- und Bildmaterial, das Benedickt in den Archiven von „Blue Note“ fand. (hip) Cinema

Die Büchse der Pandora Deutschland 1928, R: G.W, Pabst, D: Louise Brooks, Fritz Kortner / Stummfilm mit Klavierbegleitung

Ein Blick, und mann ist verloren. Diese Frau mit ihrer ganz eigenen, völlig aus der Zeit und den Moden fallenden Körpersprache, mit ihrer kühlen, unschuldigen, tödlichen Sinnlichkeit öffnet tatsächlich die „Büchse der Pandora“ für alle, die ihr verfallen. Und man spürt diese auch heute noch: Auch wenn Louise Brooks stumm bleibt, auch wenn alles um sie herum – die Ausstattung, die Kleider, und vor allen Dingen der Schausspielstil ihrer Filmpartner – im Zeitgeist des Entstehungsjahres 1928 gefangen bleibt. „Die Büchse der Pandora“ ist (wie die Komödien von Buster Keaton) einer der ganz wenigen Stummfilme, der keine Patina angesetzt hat. Der deutsche Filmregisseur und das Starlet aus Hollywood, das in Babelsberg sehr unter dem Neid der einheimischen Kolleginnen litt, schufen hier mit einer traumhaften Sicherheit zusammen den größten Triumph ihrer jeweiligen Karriere. Durch den originellen Schnitt scheint die sexuelle Energie von Brooks Lulu in Sturzbächen zu strömen. So gut war Pabst nie wieder. (hip) Kino 46

C

Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger

Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Man könnte sich zwar auch eine schön böse Tragikomödie von Helmut Dietl vorstellen, die dem raffinierten Witz ihrer Lieder sicher näherkäme, aber bei Künstlerbiographien mit solchen Pflichtzutaten wie „Aufstieg und Fall“, den Greatest hits und Schauspielern, die den Originalen möglichst ähnlich sehen, stört zuviel Originalität nur. Nur die Diskrepanz zwischen dem eher schwerfälligen Film und der leichtfüßigen Musik der Comedian Harmonists irritiert etwas: dies ist der kleine grüne Kaktus in Cinemascope. (hip) Atlantis

D

Dark City USA 1997, R: Alex Proyas, D: Rufus Sewell, William Hurt, Kiefer Sutherland

„John Murdoch wacht neben einer Frauenleiche auf. Da er im Schlaf sein Gedächtnis verloren hat, weiß er nicht, ob er der Mörder ist. Auf der Suche nach der eigenen Identität kommt er fahlhäutigen Gesellen auf die Spur, die die Menschen ihrer Erinnerungen berauben. Nur Licht könnte sie vertreiben. Doch nach „Dark City“ dringt niemals ein Sonnenstrahl vor. Nachdem sein Regiedebüt „Die Krähe“, das Brandon Lee sein Leben kostete, in die Annalen einging, darf Proyas diesmal unbelastet von sensationsgeilen Spekulationen beweisen, welch elegisch-melancholisches Sci-fi-Paranoia-Kino er zu inszenieren vermag.“ (tip) City

Didn't do it for Love Deutschland 1997, R: Monika Treut

„Eva Norvind war Showgirl, Prostituierte und Domina. In jungen Jahren wurde die Norwegerin in Mexiko als B-Movie-Star und Sexbomne gefeiert. Wegen ihrer emanzipierten, frechen Haltung warf man sie aus dem Land. Eva Norvind ging nach New York und eröffnete eine berühmte Sado-Maso-Agentur. In ihrem sehenswerten Dokumentarfilm porträtiert Monika Treut die Norvind als Über-Mutter und Hohepriesterin des Sexus, folgt ihrem schillernden Schicksal mit Filmausschnitten, Photos und Interviews, zeigt sie mit ihrer Familie, bei S/M-Inszenierungen, in ihrer Agentur und bei provozierenden Aktionen.“ (tip) Kino 46

F

Faces USA 1968, R: John Cassavetes, D: John Marley, Gena Rowlands / Originalfassung ohne Untertitel

„Richard Forst, ein erfolgreicher Geschäftsmann, der nach einem Barbesuch Streit mit seiner Frau bekommt, kehrt in die Bar zurück und verbringt mit der hübschen Jeannie, die er dort kennenlernt, die Nacht. Seine Frau Maria, die ebenfalls in einer Bar Trost sucht, nimmt einen Fremden mit nach Hause. Am Morgen stellen beide ernüchtert fest, daß ihre Ehe zerbrochen ist. Eine bemerkenswerte Studie von Cassavetes über Leere und Einsamkeit, Amerikas Männer und ihre Moral. Drei „Oscars“, davon einer für das Drehbuch.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

Fear and Loathing in Las Vegas USA 1998, R: Terry Gilliam, D: Johnny Depp, Benicio Del Ricci

„In der vollen Lobby eines Hotels in Las Vegas verzieht sich das Gesicht einer Frau – ihre Gesichtzüge zerfließen wie auf einer Clownsmaske. Während die Kamera durch den plüschigen, wenig beleuchteten Raum schwenkt, der mit hartgesottenen Touristen gefüllt ist, verwandeln diese sich plötzlich in eine böswillige Versammlung von Eidechsen, die mit ihren lippenlosen Mündern schmatzen und verschwörerische Blick werfen. Diese Szene, eines von den vielen grotesken Tableaus in „Fear and Loathing in Las Vegas“, Hunter S. Thompsons brillianter, geifernder Explosion von verbaler Psychedelia, wurde von Terry Williams mit einer Werktreue zu der halluzinatorischen Bilderwelt des Autors verfilmt, die man bisher für unmöglich hielt. Aber hier ist es alles mit seinem herrlichen Vergnügunspark-Horror: die größte sinnliche Annäherung an einen LSD-Trip, die je in einem Mainstram-Film erreicht wurde und das letzte Beispiel von Gilliams visueller Meisterschaft. Aber warum hat dieser prunkvolle Spritzer vom einem Film, der so gewisssenhaft respektvoll zu seiner Quelle ist, so wenig visuellen Sog, daß man am Ende nicht viel mehr als mit den Schultern zucken möchte? Die Geschichte, wie Raoul (Johnny Depp) und sein Kumpel (Benicio Del Toro) nach Las Vegas reisen, um für eine Sportillustrierte über ein Motorradrennen zu berichten und dabei auf phantasmagorische Abwege geraten, wurde so rigoros komprimiert, daß die Vignetten alle in ein überzogenes cinematisches Mischmasch fließen, dessen Summe viel weniger ist als seine Einzelteile. Während das Buch eine Stimmung der Abenteuer mit offenen Enden vermittelt, die alle in ihre eigenen kleinen Film ausgesponnnen werden könnten, hat dieser Film gar keinen Standpunkt und gibt den schrecklich witzigen Anekdoten des Buchs kaum Raum zu atmen.“ (New York Times) City

Flamenco Spanien 1995, R: Carlos Saura, D: Joaquin Cortes, Paco De Lucia

„In einem riesigen Parkettsaal läßt Carlos Saura in zwanzig kommentarlosen „Kapiteln“ die verschiedenen Spielarten des Flamenco Revue passieren. Bulerias, Soleares, Alegrias... Die fast enzyklopädische Dichte und die herausragenden Tänzer, Musiker und Sänger ermöglichen einen Einblick in die dichterische Vielfalt, die Virtuosität und die Fortentwicklung des Flamenco. Die Vitalität des Vorgeführten läßt sogar den Schickimicki-Ehrgeiz verzeihen, mit dem Saura edelspießiger Bühnenbeleuchtung frönt.“ (tip) Cinema

Flubber USA 1997, R: Les Mayfiled, D: Robin Williams, Marcia Gay Harden

„Eigentlich müßte „Flubber“ bei uns „Flummi“ heißen: Fliegendes Gummi ist der Star dieser Disney-Komödie. Die neueste Erfindung von Professor Brainard birgt ungeahnte Talente; hundertfach verfielfältigt, legt die grünlich-schleimige Substanz einen flotten Mambo aufs Parkett und geht ab wie eine Rakete, wenn man sie anschubst. Immer wieder versucht Disney, mit Remakes erfolgreicher Komödien Kasse zu machen. Die klingelt bei der Neuauflage von „Der fliegende Pauker“ auch lautstark, schließlich handelt es sich um wohlkalkulierte, amüsante Familienkurzweil.“ (TV-Spielfilm) Gondel

Freeze USA 1997, R: Ole Bornedal, D: Ewan McGregor, Nick Nolte, Patricia Arquette / Originalfassung ohne Untertitel

„Der Däne Boredal hat in Hollywood ein fast originagetreues Remake seines eigenen Horrorfilms „Nightwatch“ gedreht. Offenbar kann man dem US-Publikum nicht zumuten, einen dänischen Film zu gucken. Mit vertrauten Geichtern wie Ewan McGregor, Nick Nolte und Patricia Arquete bietet „Freeze“ spannende Standardunterhaltung. Höhepunkt dieses Slash-Thrillers ist zweifellos Nick Nolte, in dessen zerfurchtes Gesicht langsam der Wahnsinn einkehrt und der dem Film zumindest stellenweise die nötige Abgründigkeit verleiht.“ (tip) Atelier

G

Das geheimnisvolle Kleid Niederlande, R: Alex van Warmerdam, D: Henri Garcin, Olga Zuiderhoek, Alex van Warmerdam

„Wer bei jeder Gelegenheit „Ich bin normal, ich bin normal“ ruft, weckt allerschwerste Zweifel an eben dieser Normalität. Der Rufer, ein Zugschaffner namens de Smet, ist fixiert auf ein dünnes, blaues Sommerkleid, dem er bis ans Ende der Welt folgen würde – oder auch bis ins Bett der jeweiligen Trägerin. Nur daß die Damen (das Kleid wechselt mehrfach die Besitzerin) dort lieber allein wären. In den Filmen des Niederländers Alex van Warmerdam, die sich geschickt als Geschlechterfarcen tarnen, gerät die Normalität stets heftig ins Taumeln. Vor den schnurgeraden Horizonten seiner nüchtern-ordentlichen Heimat inszeniert van Warmerdam schwindelerregende sexuelle Verwirrungen und bizarre Katastrophen: ein Klein-Fellini des platten Landes. In „De Jurk“ (Originaltitel) erfindet er die Biographie eines Kleides, das seinen Trägerinnen Unglück oder gar den Tod bringt - und den armen, normalen, irren Schaffner (van Warmerdam selbst) in Polizeigewahrsam.“ (Der Spiegel) Atlantis

Godzilla USA 1998, R: Roland Emmerich, D: Matthew Broderick, Jean Reno

„,Size matters' lautet der gelungene Werbeslogan für Roland Emmerichs Godzilla-Geschichte. Leider hat er sich ein bißchen zu strikt daran gehalten. Der schwäbische Hollywood-Regisseur machte aus dem legendären Monster eine seelenlose Riesenfigur. Auch Jean Reno und Matthew Broderick können die sterbenslangweilige Geschichte kaum retten. – „Jurassic Park“ für Arme.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UT-Kino, Wall-Kino (Ol), Lichtspielhaus (Del)/ Originalfassung im UFA-Palast

H

Der Himmel über Berlin Deutschland 1986, R: Wim Wenders, D: Bruno Ganz, Otto Sanders, Solveign Dommartin

„Einer der Engel, die, unsichtbar für die Erwachsenen, die Menschen Berlins trösten und Anteil an ihrem Weg nehmen, verspürt das Verlangen, die Welt als Mensch zu erfahren, als er sich in eine Trapezkünstlerin verliebt. Er verläßt die Sphäre der Engel und wird sterblich, lernt dafür aber Welt und Menschen in neuen Farben, mit neuerworbener Sinnlichkeit kennen und lieben. Eine poesievolle Liebeserklärung an das Leben, an die Sinnlichkeit und Begrenztheit des irdischen Daseins. In teilweise berauschenden Bildern eingefangen, gerät der Film zwar in die Gefahr, seine Naivität zu sehr zu strapazieren; auf weiteren Ebenen ist er aber eine fantasievolle Hommage an die geteilte Stadt Berlin und eine Reflexion über die Sichtweise des Filmemachens.“ (Lexikon des internationalen Films) Europa

I

If Großbritannien 1968, R: Lindsay Anderson, D: Malcolm McDowell, David Wood

„Formal hervorragender englischer Film von bestürzender Wirkung. In Form einer weitgehend mit erschreckendem Realismus und zahlreichen symbolischen Einschüben inzenierten Internatsgeschichte warnt Lindsay Anderson vor einer zwangsweise eintretenden Revolution der Jugend, wenn die Voraussetzungen für pressionsfreie jugendgemäße Lebensformen nicht geschaffen werden.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

Interview mit einem Vampir USA 1994, R: Neil Jordan, D: Tom Cruise, Brad Pitt, Christian Slater

„Das ganze erinnert in seiner weichgezeichneten Weichhaarigkeit an das Mädchenpensionatsgeschmuse in „Bilitis“. Junge Männer gehen zwischen Pappeln spazieren, reden allerlei verliebten Unsinn, und Wölfe heulen in der Nacht. Der Weltschmerz, sonst Wesenszug jeder fremden Kreatur, schlägt in juventile Schwatzkultur um. Tote reden vom Existenzialismus: forever grunge. Cruise, Pitt und Slater spielen eine zum Mainstream gewordene, todestriebige Jugendkultur nach, die sich auch in historischen Kulissen nur noch selber abbilden kann.“ (taz) CinemaxX

I Want You Großbritannien 1998, R: Michael Winterbottom, D: Rachel Weisz, Alessandro Nivola

Solch ein England hat man im Kino noch nie gesehen: farblich verfremdet in Rot-, Gelb- oder Blautönen; aus merkwürdigen Blickwinkeln heraus gefilmt, und mit einem sehr eng begrenzten Gesichtskreis. Denn Honda, aus dessen Perspektive wir das Küstenstädtchen Haven sehen, ist 14 Jahre alt. Zudem ist er noch ein Emigrant aus dem ehemaligen Jugoslawien, der so traumatisiert ist, daß er den ganzen Film über kein Wort sagt. Kein Wunder also, daß sein England ein sehr fremdes Land ist. Und so merkwürdig wie der Stil des Films ist auch seine Erzählweise. Wir treffen die schöne Helen, Martin, der gerade aus dem Gefängnis in seinen Heimatort zurückkommt, den Diskjockey Bob und Hondas Schwester Smokey, die als Nachtclubsängerin arbeitet. Lange kann man sich keinen rechten Reim auf das machen, was man da sieht. Denn so diffus wie der Film erzäht, leben auch seine Figuren. „I Want You“ heißt ein Lied von Elvis Costello, und der Titel ist Programm, denn der Regisseur erzählt eher mit Stimmungen als durch eindeutige Szenenfolgen oder Dialoge, die dem Zuschauer genau den Weg weisen. Wenn man sich aber auf den Sound und Rhythmus des Films einläßt, macht mit der Zeit alles aufs schönste Sinn. Und dann wirkt „I Want You“ so verführerisch und jung wie die beste britische Popmusik. (hip) Europa

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann.“ (Der Spiegel) Cinema, UFA-Palast

K

Die Konferenz der Tiere Deutschland 1969, D: Kurt Linda

„Der Menschenkinder wegen beschließen die Tiere auf einer dazu berufenen Konferenz Maßnahmen zum Schutz des Friedens und der Menschlichkeit und zwingen die Erwachsenen, diese Vorschläge zu verwirklichen. Zeichentrickfilm nach Erich Kästner, phantasievoll animiert und musikalisch gut arrangiert.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

L

Lethal Weapon 4 USA 1998, R: Richard Donner, D: Mel Gibson, Danny Glover, Joe Pesci, Rene Russo

„Zu den großen Künsten Hollywoods gehört es, einen Kinohit erfolgreich und spannend fortzusetzen. Meister in diesem Metier sind die Produzenten der Action-Filmreihe „Lethal Weapon“: Bereits zum vierten Mal jagt das Polizisten-Duo Mel Gibson und Danny Glover durch Los Angeles; mitlerweile lieben und zanken sich die beiden wie ein altes Ehepaar, sinnieren über Kinder, Enkel und vor allem darüber, daß sie für ihren Job sowieso viel zu alt seien. Trotzdem arbeiten sie sich immer wieder wacker durch allerlei Kugelhagel und andere lebensbedrohliche Vorkommnisse, bis sie eine chinesische Großfamilie vor den Mächten der Finsternis gerettet haben.“ (Der Spiegel) CinemaxX

Liebe in jeder Beziehung USA 1998, R: Nicholas Hytner, D: Jennifer Aniston, Paul Rudd

„Selbst Woody Allens Stadtneurotiker könnten bei diesen Komplikationen nicht mithalten: Nina ist mit ihrem arroganten Freund Vince eigentlich unglücklich, läßt sich aber trotzdem von ihm schwangern. Das Kind möchte sie mit ihrem schwulen Wohnungsgenossen George großziehen, in den sie sich prompt verliebt. Als dieser sein Herz an einen jungen Adonis verliert, wird es eng auf dem rutschigen Beziehungsparkett. Als Schwachpunkt in dieser amüsanten Reflexion über Rollenverteilungen erweist sich die Hauptdarstellerin, TV-Star Jennifer Aniston, die schauspielerisch mit ihren Kollegen einfach nicht Schritt halten kann. Doch wenn man über einige arg konstruierte Handlungwendungen hinwegsieht, kann man die amourösen Verirrungen schön entspannt genießen.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter

Lola rennt Deutschland 1998, R: Tom Tykwer, D: Franka Potente, Moritz Bleibtreu, Joachim Krol

„Selten war ein Filmtitel passender: Der Name von Tom Tykwers neuem Ganovenstück ist Programm. Denn Lola hat ziemlich genau zwanzig Minuten Zeit, ihren Freund Manni davon abzuhalten, mächtig Scheiße zu bauen. 100.000 Mark muß er um zwölf Uhr Gangsterboß Ronnie übergeben, doch Mannie läßt die Plastiktüte mit dem Geld in der U-Bahn liegen. In seiner Verzweiflung will er einen Supermarkt überfallen, aber Lola fleht ihn an zu warten: „Mir fällt doch immer was ein!“ und sie rennt los, quer durch Berlin. Mehr darf man gar nicht verraten, ohne zum Spielverderber zu werden. Eines verrät der Film aber sehr bald: daß Tom Tykwer („Winterschläfer“) zur Zeit einer der innovativsten und mutigsten deutschen Filmemacher ist. Ähnlich wie z.B. ein Oliver Stone nutzt er alle Möglichkeiten des Mediums, mischt Zeichentrick und Handkamera, wilde Schnitte und sogar Polaroids zu einem atemberaubenden Genremix. Die Besetzung ist ein einziger Glücksgriff, die Musik (u.a. von Ex-„Spliff“-er Reinhold Heil) ein Hit.“ (TV-Spielfilm) Schauburg, CinemaxX, Ufa-Palast, Casablanca (Ol)

Lost in Space USA 1998, R: Stephen Hopkins, D: Gary Oldman, William Hurt

„Und noch ein Versuch aus der Reihe „Kultserien der 60er für die Leinwände der 90er“. Leider haben die Macher über dem Schwelgen in Ausstattung und Spezialeffekten die Story aus den Augen verloren. Das sorgt zwar für mächtig Augenfutter, die übrigen Sinne werden aber nur wenig gereizt. Der Witz der innerfamiliären Dispute ist schal, die Spannung bleibt trotz inflationärer Gefahrenmomente gering. Der Film zeigt einmal mehr, daß auch das schönste und teuerste Design nichts ist ohne Herz und Geist.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Love'em and Leave'em USA 1926, R: Frank Tuttle, D:Louise Brooks, Evelyn Brent / Stummfilm mit Klavierbegleitung

„Louise Brooks galt 1926 noch als Anfängerin im Filmgeschäft, aber sie spielte allein in diesem Jahr in sechs Filmen wichtige Rollen. In diesem hatte sie ihre pikantesten Auftritte und erntete dafür die besten Kritiken - viele davon sagten ihre eine Starkarriere voraus.“ (James Card) Kino 46

M

Mafia! USA 1998, R: Jim Abrahams, D: Lloyd Bridges

„Eine Mafia-Parodie, wie sie im Kinolexikon steht. Abrahams zitiert quer durch die Filmgeschichte. Schon zu Beginn fliegt der Ich-Erzähler durch eine Autobombe in die Luft. Das Schiff, auf dem der künftige Pate seine sizilianische Heimat gen New York verläßt, heißt „Il Pacino“. Vor allem die Patentrilogie wird geplündert. Fast richtig witzig ist dabei die Mitleidlosigkeit der Enkel, die dem Tod des Großvaters noch mit der Spritze für Pflanzengift nachhilft. Und überall brodeln Tomaten- und Spaghetti-Töpfe. Stilistisch spielt eine aberwitzige Rückblendentechnik auf die weit ausholende Familiensaga an: bombastische Zeitlupeneffekte. Vielleicht haben zu viele, auch banale Einfälle Eingang gefunden ins Drehbuch. So hebt sich zuletzt die Komik selbst wieder auf.“ (epd-Film) Ufa-Palast, UT-Kino, Wallkino (Ol)

Das magische Schwert USA 1998, R: Frederick du Chau

„Nach dem nicht so richtig erfolgreichen Versuch der Fox-Studios, dem Marktführer Disney mit ,Anastasia' Konkurrenz zu machen, versucht nun also Warner Bros. – Heimat von Tricklegenden wie Bugs Bunny und Daffy Duck –, in die ,Domäne Disney' einzubrechen. Das auf der Artussage basierende Trickmärchen mit feministischem Touch und zielgruppengerechten Songs (auf deutsch gesungen von Nena und Hartmut „Pur“ Engler, im Original von Celine Dion, „The Corrs“ und Andrea Bocelli) ist ein harmloser Familienspaß ohne große Überraschungen, der zeichnerisch aber ein wenig enttäuscht. Nett, gediegen und nur dann so richtig witzig, wenn ein ständig mit sich selbst streitender Drache mit den Stimmen der einstigen „Doofen“ Wigald Boning und Olli Dittrich plappert.“ (TV-Spielfilm) Schauburg

Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit Deutschland 1998, R: Marc Rothemund, D: Christoph Waltz, Ann-Kathrin Kramer, Oliver Korittke

„Ein Tag und eine Nacht im Leben von einem Dutzend Münchnerinnen, die uns der Titel allen Ernstes als „Großstädter“ verkaufen will. Nach vielen an den Haaren herbeigezogenen Turbulenzen und Verwechslungen gibt es am Ende vier frisch verliebte Pärchen, eine neue Frauenfreundschaft, einen abgeblitzten Schwulen und einen toten Schriftsteller. Den frivolen Höhepunkt markiert geklaute Reizwäsche. Freudloser, aber betriebsamer Frohsinn ganz in der Tradition von Heinz Rühmann und Marika Röck.“ (tip) CinemaxX, UT-Kino, Wall-Kino (Ol)

Mit aller Macht USA 1998, R: Mike Nichols, D: John Travolta, Emma Thompson

„Mike Nichols und Elaine Mays Adaption des Bestsellers von Joe Klein schnurrt recht gefällig dahin und schafft es auf die Dauer sogar, eine traurige, nachdenkenswerte Geschichte zu weben. John Travolta geht sanft mit seiner Imitation von Clinton hausieren, und Emma Thompson wirkt überzeugend als seine kühle, politisch ehrgeizige Frau. Obwohl Mays Buch keine politische Tiefe hat, liefert Nichols hier große, freche Hollywood-Konfektionsware, die das Publikum entläßt mit noch mehr „Clintonia“, über die man plaudern kann.“ (New Yorker) City

Mit Schirm, Charme und Melone USA 1998, R: Jeremiah Chechik, D: Ralph Fiennes, Uma Thurman, Sean Connery

„Der Film wirkt etwa so verlockend wie ein Zement-Soufflé. Von den aufgeregten Anfangstiteln bis zum Abspann bringt er soviel Vergnügen, wie wenn man in einem Pub von plappernden Betrunkenen eingekesselt ist, die versuchen, einem einen surrealen Witz zu erzählen. Die konfuse Geschichte läßt Steed (Fiennes) und Peel (Thurman) gegen einen größenwahnsinnigen Meterologen (Connery) antreten, der versucht, die Welt zu erpressen, indem er das Wetter kontrolliert. Das Niveau der Pointen übersteigt nie Connerys Spitze: „John Steed – ein Name wie ein Pferdearsch“.“ (The Observer) UT-Kinocenter

Mörderische Freunde USA 1998, R: Dan Rosen, D: Matthew Lillard, Michael Vartan

„Seit Hits wie „Scream“ der Branche gezeigt haben, daß Jugendliche auf gewitzten Grusel ansprechen, wird ein Schund für diese Zielgruppe auf die Leinwand geworfen, dessen Geistesarmut weitaus erschreckender ist als jeder Special effect. Ein besonders verdrießliches Exempel ist dieser spekulative Teenie-Thriller, der sich mit billigsten Drehbuch-Tricks über die Runden rettet. Drei befreundete College-Jungs wollen nach Harvard, aber es hapert an ihren Noten. Daher kommen zwei von ihnen auf die Idee, eine Klausel der Schulordnung auszunutzen: Wenn ihr Zimmergenosse Selbstmord begeht, bekommen sie als seelisch angeknackste Trauernde ein Semester lang Bestnoten geschenkt. Nun muß ein Suizid her oder halt ein kleiner Mord. Ebenso skrupellos, wie sich die Figuren ihre Fahrkarte nach Harvard beschaffen, baggert sich der junge Filmemacher Dan Rosen seinen Weg nach Hollywood frei. Das Resultat: ein ekliger Streberfilm.“ (Spiegel) City

O

Out of Sight USA 1998, R: Steven Soderbergh, D: George Clooney, Donna Frenzel, Jennifer Lopez

„Jack landet nach einem Bankraub im Gefängnis, bricht aus und nimmt auf der Flucht die resolute, attraktive Polizistin Karen als Geisel. Während Jacks Kumpel Buddy den Fluchtwagen steuert, verstecken die beiden sich im Kofferraum, wo schon bald die Funken sprühen. Karen entkommt ihren Entführern und verfolgt den Kriminellen mit der Grazie eines Balztanzes. Sonderberghs Film ist weniger selbstgefällig erzählt als Pulp Fiction und flüssiger inszeniert als Jackie Brown. Die kamera- und schnitttechnischen Extravaganzen dienen stets der jeweiligen Szene und nicht der Eitelkeit des Regisseurs. Einen feiner geschliffenen Genre-Film, der eigentlich ein Genre-Mix aus romantischer Screwball-Comedy und Thriller ist, wird man so bald wohl nicht mehr zu sehen bekommen.“ (epd-Film) Schauburg, CinemaxX, Ufa-Palast, Ziegelhofkino (Ol)

P

Paulie – Ein Plappermaul macht seinen Weg USA 1998, R: John Roberts, D: Tony Shalhoub, Gena Rowlands, Cheech

„Mäuse, die Kammerjäger terminieren, Hunde, die Basketball spielen – und jetzt auch noch ein sprechender Papagei! Nicht abwinken: Paulie kann nicht nur nachplappern und eingeübte Sätze nachspulen, sondern intellektuell geformte Gedanken sinnvoll in Worte fassen, zielgerichtete Sprechakte ausführen, eben richtig reden. Bevor sich alles zum guten Ende findet, erfahren wir so einiges über die Menschen, die Dinge des Lebens und über die Treue eines Papageis. Etwas wortlastig das ganze, aber insgesamt doch mit der richtigen Mischung aus Gefühl, Witz und Animatronic professionell angerührt. Ein leicht nachdenklicher Sommerspaß für Kids ab acht.“ (Zitty) CinemaxX

Der Pferdeflüsterer USA 1998, R: Robert Redford, D: Robert Redford, Kristin Scott Thomas

Der Westernmythos hat schon die seltsamsten Verwandlungen durchgemacht – jetzt ist er bei den Frauen gelandet. Robert Redford bildete schon mit Paul Newman zusammen in „Butch Cassidy and Sundance Kid“ solch ein schönes Paar von Outlaws, daß sich diesen Western damals fast genauso viele Zuschauerinnen ansahen wie Männer. Als Tom Booker ist Redford nun ein altgewordener Sundance Kid, der statt des Revolvers nur noch das Lasso schwingt. Als der Pferdeflüsterer versteht er sich so gut auf die Tiere, daß er sie ohne Zwang durch Gesten und in die Ohren geflüsterte Laute zähmen und trainieren kann. Auf dem Umweg über ihr Pferd heilt Booker auch die Seele der 14-jährigen Grace, die bei einem fürchterlichen Reitunfall ein Bein verlor. Ihre Mutter wird durch die Landluft von Montana nicht nur ihren obsessiven Ehrgeiz und New Yorker Zynismus los, sondern verliebt sich natürlich auch in Cowboy Redford. Die Romanvorlage von Nicolas Evans ist bereits ein Bestseller, und einige enthusiasmierte Leserinnen aus meinem Bekanntenkreis warten schon seit Monaten sehnsüchtig auf den Film. Für solch ein Publikum kann der Film gar nicht lang genug sein, aber seltsamerweise stört man sich auch als unvorbelasteter Zuschauer nicht an seinen 159 Minuten. Redford hat ein genaues Gefühl dafür, wie er den Kitsch, der hier natürlich bei jedem Pferdeschnauben droht, im Zaume halten kann. Dies ist ein Taschentuchfilm – keine Frage –, aber der Herzschmerz wird so geschickt, klug und geschmackvoll präsentiert, daß man/frau sich der feuchten Augen nicht zu schämen braucht.“ (hip) Gondel, UT-Kinos, Ufa-Palast, CinemaxX, Gloria (Del), Wall-Kinos (Ol)

Primary Colors USA 1998, R: Mike Nichols, D: John Travolta, Emma Thompson / Originalfassung ohne Untertitel

Originaltitel und -fassung von „Mit aller Macht“. Kurzkritik siehe dort UFA-Palast

Punk USA 1997, R: James Merendino, D: Matthew Lillard, Til Schweiger

„Ein Punker träumt in der Mormonenhochburg Salt Lake City von Anarchie und bekämpft seinen öden Alltag mit Drogen, Sex, Partys und Prügeleien. Schockerlebnisse bringen den pubertären Rebellen zur Besinnung, und er beschließt, an einer Elite-Uni Jura zu studieren. Gekünstelt wirkendes, tragikomisches Jugend-Drama. Interessant höchstens für minderjährige Pseudo-Punks oder Fans von Til Schweiger, der hier als schießwütiger, paranoider Drogen-Dealer viel dummes Zeug schwätzt.“ (tip) UT-Kinocenter, Casablanca (Ol)

R

Raumpatrouille Orion Deutschland 1966, D: Dietmar Schoenherr, Eva Pflug, Wolfgang Völz

„Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Dies ist ein Märchen von übermorgen.“ Wohl eher von vorgestern - muß man heute sagen, aber als 1966 die sieben Folgen der Fernsehserie „Raumpatrouille Orion“ mit diesem Intro in glorreichem Schwarzweiß über die Bildschirme flackerten, war das für uns Kinder der 60er das Tollste, Modernste und Aufregenste. So wie unsere Eltern das Ohnsorgtheater nie vergessen haben, liegen bei uns „Hyperspace“, „Overkill“ und die „Frogs“ in einer Rumpelkammer des Gedächtnis, die sich quietschend öffnet, und es ist zugleich komisch und rührend, jetzt auf der Leinwand einen Teil der eigenen Vergangenheit aus der Entfernung wiederzusehen. So lacht man über das Bügeleisen, das als Teil des Kommandopults gut zu erkennen ist, über die Plastikbecher, die an die Decke geklebt sind und die vielen abenteuerlichen Amaturen, die oft verdächtig an Wasserhähne oder Pingpongbälle auf einer Stahlstange erinnern, und an denen die Schauspieler geschäftig herumhantieren, wobei sie ständig im technischen Kauderwelsch der Zukunft daherreden, das uns damals Ehrfurcht einflößte und heute in die Sphären der unfreiwilligen Hochkomik abhebt. (hip) Kino 46

S

Stadt der Engel USA 1998, R: Brad Silberling, D: Nicolas Cage, Meg Ryan

„Cage spielt im Liebesdrama „Stadt der Engel“ einen großäugigen Außerirdischen im wallenden schwarzen Mantel, der die gerade Gestorbenen auf ihrem Weg in den Himmel begleitet. Dabei trifft der Todesengel eine junge Chirurgin (Meg Ryan), die nicht verkraftet, daß manche ihrer Patienten sterben. Der Bote des Jenseits verliebt sich in die rationale Ärztin. Die Anziehungskraft zwischen den beiden ist so stark, daß er beschließt, seine Unsterblichkeit aufzugeben, um mit ihr zu leben. Als Vorlage zu diesem kraftvollen Schmalzwalzer diente, kaum zu glauben, Wim Wenders' meditativer „Himmel über Berlin“ von 1987. Von der transzendentalen Vertracktheit des Originals ist kaum noch etwas zu merken, aber Nicolas Cage liefert als Engel alles an zartfühlender und sexy Empathie, was das Herz der Frau von heute begehrt. Der Film war ein Überraschungserfolg in den USA: 76 Millionen Dollar hat er bisher eingespielt.“ (Der Spiegel) UT-Kino, CinemaxX

T

Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet

„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen – im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story.“ (epd-Film) CinemaxX

V

Vertigo USA 1958, R: Alfred Hitchcock, D: James Stewart, Kim Novak

„Alfred Hitchcocks brillantestes psychologisches Seelendrama (in einer restaurierten 70mm-Fassung mi DTS-Sound). Es geht um Liebe, und darum, wie sie durch die Obsession der Phantasie verhindert wird. Ein Mann liebt seine Vorstellung von einer Frau und versucht, sie danach zu gestalten. In perfekter Spannungsdramaturgie werden die Schichten und Widersprüche des innerer Seelentheaters der Hauptfigur aufgedeckt. Berühmt wurde auch Hitchocks Trick, die Höhenangst James Stewarts im Treppenhaus des Turms durch die Kombination eines Zooms mit einer gegenläufigen Kamerafahrt darzustellen, die dessen Schwindelgefühl in den Zuschauer überträgt.“ (Lexikon des internationalen Films) Europa

W

Wild Things USA 1998, R: John McNaughton, D: Matt Dillon, Neve Campbell

„John McNaughtons Film beginnt wie eine High School-Komödie: Der Lehrer Sam (Matt Dillon) wird von seinem Schülern umschwärmt; die Mädchen besuchen in sogar nach dem Unterricht zuhause und wollen unbedingt sein Auto waschen. Im nassen T-Shirt bieten sie ihm dann weitere Dienste an. Dillon galt jahrelang als einer der erfolgreichsten Milchbubis des US-Kinos, mit 34 wird er aber langsam zu alt für diese Rolle. So ist es nur konsequent, daß er jetzt den Lehrer mimt. Allerdings ist aus ihm kein Saubermann geworden.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UT-Kinocenter

Y

Young Collection

Vom Filmbüro ausgesuchtes Kurzfilmprogramm Kino 46

Z

Die Zeitritter Frankreich 1998, R: Jean-Marie Poire, D: Jean Reno, Claude Clavier

„Wie schon im ersten Teil „Die Besucher“ werden Ritter Godefroy und sein Knappe durch einen Zaubertrank vom Mittelalter in die Gegenwart gebeamt. Auf der Suche nach einer Reliquie, dem heiligen Zahn der seligen Rolande, legt man das Anwesen einer piekfeinen französischen Aristokratenfamilie in Schutt und Asche. Gleichzeitig bringen ein paar arme Teufel aus der Gegenwart das Mittelalter durcheinander. Bei der Synchronisation gab man sich diesmal wirklich Mühe. Ansonsten bedarf es schon einer satten Vorliebe fürs Grobschlächtige, um den Kuddelmuddel zu genießen.“ (tip) UT-Kinocenter

Zugvögel ... einmal nach Inari Deutschland 1997, R: Peter Lichtefeld, D: Joachim Krol, Outi Mäenpää, Peter Lohmeyer

„Ein anrührendes, unterhaltsames Road- oder vielmehr Railroad-Movie. Leichthändig verschränkt sind hier eine Liebesgeschichte, zwei Kriminalhandlungen und eine einfache Fortbewegung. Hannes, Aushilfsfahrer, hat Sonderurlaub genommen, um in Nordlappland an der Europameisterschaft der Fahrplanexperten teilzunehmen: Fahrpläne sind sein Hobby und seine Leidenschaft. Aber daheim in Dortmund ist Hannes' Chef ermordet worden, und alle Indizien deuten auf ihn als Täter. Wie in Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ bangt man mit dem unschuldigen Helden, der sich, ohne es zu wissen, auf der Flucht befindet und nur dank naiver Gefühlsaktionen und schicksalsmäßiger Fügungen den Verfolgern immer gerade knapp entkommt. Der Weg ist das Ziel – Züge, Fähren und freundliche Finnen mischen mit.“ (epd-film) City