■ Die Privatisierung der Bundespost kostet weitere Milliarden
: Waigels bewußte Irreführung

So kurz vor der Wahl macht sich das gar nicht gut. Finanzminister Theo Waigel fehlen in diesem Jahr 800 Millionen Mark für die Pensionen der ehemaligen Bediensteten von Post, Postbank und Telekom. Im nächsten Jahr soll sogar ein Milliardenbetrag fehlen. Diese Hochrechnung ist noch leicht geschönt. Denn allein der ehemalige Postminister Wolfgang Bötsch rechnete zu seiner Amtszeit schon mit 172 Milliarden Mark Pensionszahlungen bis 2010, für die der Bund aufzukommen hat. Eine Summe, die mit den Abschlägen der privatisierten Post, Telekom und Postbank nicht aufzubringen ist. Die zunächst weiterhin bundeseigenen Aktiengesellschaften verpflichteten sich 1994 im Postpersonalrechtsgesetz, jährlich zusammen 7,21 Milliarden Mark an den Bund zu zahlen.

Schon damals war klar, daß die Summe nicht ausreichen würde. Denn der Bundesregierung und den hinzugezogenen Unternehmensberatern war bewußt, daß jährlich mehrere zehntausend Stellen verschwinden mußten. Nur mit geringeren Personalkosten und weniger Postfilialen können Post, Postbank und Telekom die Rendite erwirtschaften, die einen Börsengang ermöglicht und die Aktien für Anleger attraktiv machen. Im Postpersonalrechtsgesetz verpflichtete sich der Bund daher, etwaige Lücken in den Pensionskassen auszugleichen. Damals wie heute war Theo Waigel (CSU) für die absehbaren Haushaltslöcher verantwortlich. Die gedachte er mit Dividenden aus dem bundeseigenen Aktienbesitz der Unternehmen oder durch den Verkauf selbiger Aktien zu stopfen.

Dividende bekommt nur derjenige, der Aktien besitzt. Nicht, wer seine Anteile verkauft oder verpfändet. Nichts anderes tat Waigel. 25 Prozent seines T-Aktien-Besitzes parkte er im vergangenen Jahr bei der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau, um den desaströsen Haushalt 1997 auf Maastricht-Niveau zu trimmen und die Euro-Kriterien zu erfüllen. Gleichzeitig buchte Waigel 15 Milliarden Mark aus einer anderen T-Aktien-Verpfändung in den Haushalt 1998, um ihn im Wahljahr zu schönen. Das Geld ist weg. Insofern ist es eine glückliche Fügung, daß der Börsengang der Post mehrfach verschoben wurde und die Erlöse nicht mehr in den bodenlosen Schatullen Waigels verschwinden können. Seine Nachfolgerin ist allerdings nicht zu beneiden. Denn die als Rechenfehler umhergeisternden Milliardenlöcher in den Pensionskassen waren eine gezielte Methode der Noch-Regierung, die fehlende finanzielle Übersicht zu kaschieren und die Verluste wie üblich auf spätere Generationen zu verlagern. Ulrike Fokken