„Drehen Sie hier einen Film?“

■ Szenen aus dem Sperrbezirk vor dem US-Konsulat

„Alter, was'n hier los?“ Der Junge auf dem roten Mountainbike staunt. Zwei dunkelgrüne Räumfahrzeuge der Polizei rollen vorbei und halten neben dem US-Generalkonsulat. Eine ältere Frau schnappt auf, worum es geht. „Eine Bombe?“ Sofort springt sie auf ihr Fahrrad und tritt in die Pedale.

Ansonsten hält sich die Aufregung in Grenzen, als die Polizei gestern um 15 Uhr mit der Absperrung der Straße Alsterufer beginnt. Jogger traben ungerührt an den roten Gittern vorbei, ein Alsterdampfer bläst Wölkchen. Zwei Stadtrundfahrer diskutieren entnervt mit den Beamten – schließlich dürfen sie doch noch durch.

15.10 Uhr – Wasserwerfer und Lichtwagen fahren auf, vor dem Konsulat wird es grün und ungemütlich. Beamte in Kampfanzügen eilen hin und her, dazwischen Herren in dunklen Anzügen. Die ersten Schaulustigen bleiben stehen. „Drehen Sie hier einen Film?“, fragt eine ältere Dame neugierig, „sieht aber ziemlich echt aus.“ Ist auch echt – „Ach, dann muß ich ja rechtzeitig zu den Nachrichten zu Hause sein.“

Jay Spice hat andere Sorgen. Verärgert drückt der 24jährige aus Miami auf die Klingel des Konsulats. Wann wieder geöffnet sei? Morgen um neun, heißt es freundlich auf Englisch. Business as usual. Eine Bombe? „No way“, meint Spice cool. Er werde doch nicht Angst haben, Amerikaner zu sein – „Wenn's denn sein muß, sterbe ich auch als Amerikaner!“ Hauptsache, er könne morgen seinen Paß verlängern.

15.35 Uhr – der erste Container wird vor dem Konsulat abgeladen. Polizeisprecher Reinhard Fallak fährt vor und zieht die Journalisten an wie Honig die Bienen. „Was ist denn hier so wichtig – kommt Monica Lewinsky?“ scherzt ein Passant. Als er das Statement des Sprechers hört, verdüstert sich seine Miene.

16 Uhr – der Bundesgrenzschutz rollt mit vier dunkelgrünen Räumfahrzeugen an. Polizeitaucher zwängen sich in Neopreanzüge und kontrollieren die Sauerstoffflaschen. „Könnt ihr nicht wenigstens warten, bis ich die Hose zu habe?“, ruft ein Taucher in Richtung Kameraleute. Ein Junge in einem Ruderboot beobachtet fasziniert, wie die Beamten in der Alster versinken – bis ihn die Wasserschutzpolizei verscheucht.

„Sind doch noch zwei Tage bis zum Sonnabend“, witzeln zwei alte Damen, die auf einer Bank ein Päuschen machen. Einer Anwohnerin ist schon „mulmig“ – aber „treffen kann es einen auch bei Karstadt“. Heike Dierbach