Rucki-Zucki latscht durchs Land Von Wiglaf Droste

Von deutschem Boden soll nie wieder ein Ruck ausgehen, heißt es im Grundgesetz. Es hält sich aber keiner dran. Das Regierungspersonal wurschtelt, und alle wurschteln mit. Immens ist die Bereitschaft zur Blamage, obwohl doch jeder wissen könnte: Wer zur Blamage greift, kommt darin um.

Das aber scheint niemanden zu stören. Dabeisein ist alles, Hauptsache, man ölt mit. So auch Rainer Langhans, der mittlerweil von sich selbst behauptet, er sei „erleuchtet“, und der deshalb in Berlin eine „Ready to Ruck“-Party initiierte, eine Art „Wir sind bereit“-Party für Verwirrte. Es war ein trostloses Gewürge, ein Salat aus singenden Sufis, tibetischem Gebrumme und ähnlichen Hanswurstereien; wildfremde Menschen boten einem an, ein „Ruck-Tao“ oder ein „Ruck- Orakel“ zu erstellen. In der Zeitung las sich das dann so: „Irgendwie schien ihm das Chaos aber doch gefallen zu haben, als müsse die totale Sprachlosigkeit erst mal total sichtbar sein, um überhaupt zum Sprechen zu kommen, was möglicherweise ja auch irgendwie stimmt“, gab ein Schreiber die Geistesfassung von Herrn Langhans in adäquaten Worten wieder.

Für Langhans aber gilt nur, was für das übrige Personal auch gilt, ob es Schröder heißt, Wagenknecht, Gysi oder Fischer: Politisch stehen sie in der Nähe jeder Fernsehkamera – so, wie sie's von Wolf Biermann gelernt haben. Lustig ist anzusehen, wie ihre Journalisten sich um sie scharen – vielleicht kann man irgendwo Pressesprecher werden? Oder Regierungszeitung? Gehen wir ein bißchen Ärsche lecken, sagen sich die Zeitungsleute und zetern einem die Ohren voll, wie alles so viel schöner und besser wird, wenn man nur ihrem aufdringlichen, lobyistischen PR-Geklapper Glauben schenkt.

Man fühlt sich beim Zeitunglesen direkt an das Pilotenspiel erinnert: Irgend jemand kaut einem hektisch das Ohr ab, daß man unbedingt jetzt einsteigen und aufspringen müsse, um große Vorteile davonzutragen. Dabei schielt der reisende Gesinnungsvertreter links und rechts vorbei, ob da nicht ein paar frische und geneigtere Zuhörer zu finden sind, denen man die Aussicht auf sein eigenes Fortkommen als günstig für sie verhökern kann, und in jeder Zeile schwingt Angst mit, es könnte am Ende doch nicht klappen, und was dann? Diese absolute Bereitschaft zur Blamage nennt man auch politischen Journalismus.

Warum aber sollte man die Karrieren berufsmäßiger Opportunisten alimentieren, als habe man, wie sie, Verstand und Stil eingebüßt? Nein, wenn das Personal nichts taugt, wird es nicht weiter beschäftigt. Lieber kuckt man sich lustige Irre an, z.B. Joachim Feilcke von der Kreuzberger CDU, der auf Plakaten seinen Hinterkopf zeigt, was logisch ist, weil es mit ihm ja „nach vorn für Kreuzberg“ gehen soll. Sein Parteikollege Ekkehard Wruck aus Wilmersdorf verspricht, „christlich demokratisch statt gottlos marxistisch“ sein zu wollen. Da wird dann wohl ein Wruck durchs Land gehen.

„Rucki-Zucki, Rucki-Zucki, Rucki-Zucki, das ist der beste Tanz“, hieß in den 70er Jahren ein höchst silberhochzeitskompatibles deutsches Tanzlied. So schauderhaft es war – verglichen mit dem, was das politische Personal einem 1998 anbietet, war „Rucki-Zucki“ geradezu gottvoll.