Wahl 98: Coffeeshops nur mit den Jungliberalen

■ Während die Christdemokraten auf ihrer repressiven Drogenpolitik beharren, schweigt sich die SPD zum Thema Legalisierung aus. Einzig PDS und Bündnisgrüne wollen mehr Freizügigkeit

Ob eine rot-grüne Koalition eine Kehrtwende in der Drogenpolitik bringt, bleibt zwei Tage vor dem Wahlsonntag unklar. Unmißverständlich ist allein die Position der CDU/CSU: „Wir erteilen jeder Verharmlosung und Freigabe von Rauschgiften eine entschiedene Absage. Eine Abgabe von Haschisch in Apotheken oder Heroin durch den Staat werden wir nicht zulassen“, heißt es in der „Wahlplattform“ der christlichen Parteien. „Beobachtet man die Drogenkarrieren von Heroinsüchtigen, kann man sehen, daß Haschisch eine Türöffnerfunktion hat“, behauptet Eduard Lintner, Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Der CSU-Hardliner will lediglich eine einheitliche Haltung der Länder bei der Höchstmenge für den straffreien Konsum von Cannabis: „Sechs bis zehn Gramm sind eine vernünftige Größe.“

Auch die FDP plädiert in ihrem Wahlprogramm für eine „einheitliche Praxis der Bundesländer für den straffreien Besitz geringer Mengen Haschisch für den eigenen Konsum“. Gleichzeitig sind die Liberalen für „das generelle Verbot des Verkaufs weicher Drogen, zum Beispiel in Apotheken“. Wieviel „geringe Mengen“ sind, darüber hüllt sich die FDP in Schweigen. Michael Kauch, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, spricht sich indes für einen „lizensierten Handel“ in Coffeeshops aus. „Haschisch hat erwiesenermaßen ein geringeres Suchtpotential als Alkohol“, so Kauch.

Die Sozialdemokraten schweigen im Wahlkampf lieber zu dem prekären Thema. Auf dem Wiesbadener Parteitag 1993 wollten die Sozis noch die „Bedingungen“ schaffen für eine „legale Abgabe von Cannabisprodukten zum Eigenverbrauch“ – jetzt will Johannes Singer, der drogenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, davon nichts mehr wissen: „Die gängige Verharmlosung von Cannabis als weicher Droge ist irreführend und angesichts der pharmakologischen und medizinischen Wirkungen verantwortungslos.“ Die Auswirkungen, die sich aus der „Schädigung des Gehirns“ durch THC ergeben, seien „verheerend“.

Wie die PDS wollen auch die Bündnisgrünen eine Entkriminalisierung von „weichen“ Drogen durch eine Reformierung des Betäubungsmittelgesetzes, das „Millionen von KonsumentInnen von Cannabisprodukten und Partydrogen zu Kriminellen macht“, heißt es im Wahlprogramm. Sie befürworten die Legalisierung von Haschisch unter ähnlichen Schutzvorschriften wie beim Alkohol, um „die Märkte für so unterschiedliche Drogen wie Heroin und Cannabis zu trennen“. Eine Drogenpolitik, die mit Repressionen eine suchtfreie Gesellschaft durchsetzen wolle, sei zum Scheitern verurteilt. Dennoch warnt Günther Saathoff, Sprecher des Arbeitskreises Drogen der Bündnisgrünen, vor zu hohen Erwartungen: „Die diffuse Angst der Gesellschaft vor Haschisch ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Kommt es zu Rot-Grün, ist nicht abzuschätzen, was möglich ist.“ Esther Kogelboom