■ Alles Lüge
: Monica & Marihuana

Die weltweit operierende US- Drogenbehörde DEA hat ihrem wortwörtlichen Namen (Drug Enforcement Agency = Drogen- Durchsetzungs-Agentur) vor der eigenen Haustür einmal mehr Ehre gemacht. Nach einer Regierungsuntersuchung hat sich in Kalifornien der Gebrauch von Marihuana unter Jugendlichen nicht erhöht, seit dort durch eine Volksabstimmung im November 1996 der Genuß und private Anbau aus medizinischen Gründen freigegeben wurde.

Die DEA hatte ebenso wie die Clinton-Administration und andere Prohibitions-Hardliner diese auf Patienten mit einer hausärztlichen Bescheiningung beschränkte Freigabe aufs schärfste bekämpft, vor allem mit dem Argument, daß jede Liberalisierung automatisch zu einer besseren Zugänglichkeit und damit zur Erhöhung des Konsums führen würde.

Nun wurde regierungsamtlich nachgezählt. Und siehe da: das Gegenteil ist der Fall. Während die Zahl der kiffenden Kids in Kalifornien bei sieben Prozent keine Erhöhung zeigt, ist sie im Rest des Landes auf zehn Prozent gestiegen. Eben dort, wo die DEA ihr Enforcement durchzieht und wie bei der Alk-Prohibition in den 20ern aufs Verbotene scharf und die Mafia fett macht. Aus den Niederlanden liegen in Sachen Cannabis-Freigabe seit Jahrzehnten, aus der Schweiz seit einigen Jahren ähnliche Daten vor.

Für die deutsche Politik war das bisher kein Grund, von der aus den USA diktierten Verbotspolitik abzuweichen, auch das Aufsehen erregende „Haschisch- Urteil“, mit dem das Bundesverfassungsgericht 1994 den privaten Konsum entkriminalisierte, konnte daran nichts ändern. Statt dem Auftrag der Verfassungshüter an den Gesetzgeber nachzugehen, die Einstufung von Hanf als „harte Droge“ zu überprüfen, wurde der von der Kieler Gesundheitsministerin Heide Moser initiierte Modellversuch einer Apothekenabgabe niedergeknüppelt. Vor allem aus Bayern und mit den immer gleichen Mörderkraut-Einstiegsdrogen-Teufelszeug-Argumenten.

Ist nach einem politischen Wechsel mit einer Wende im Krieg gegen Cannabis zu rechnen? Auch wenn Grüne wie der Kreuzberger Direktkandidat Christian Ströbele „blühende Hanf-Landschaften“ versprechen und Teile der SPD einer Reform nicht abgeneigt sind – der rechte Gegenwind wird auch weiterhin zu falschen Kompromissen führen, wie bei der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes im Februar, bei der die Zustimmung für die Verschreibung von Methadon mit einem Verkaufsverbot für Hanfsamen erkauft wurde. Nach wie vor sind Sucht, Fixerleid und Kriminalität in einen Topf gerührt mit einem Genußmittel, an dem noch nie ein Mensch zu Tode gekommen ist.

Und nach wie vor herrscht dieselbe Bigotterie wie in den USA. Dort hatte sich Präsident Clinton in Sachen Hanf bekanntlich damit verteidigt, daß er zwar gezogen, aber nicht inhaliert habe – so wie bis vor kurzem im Fall Lewinsky damit, daß zwar geblasen, aber nicht ejakuliert wurde. Seit dem Starr-Report wissen wir: Alles Lüge – nicht nur bei Monica, sondern auch bei Marihuana. Mathias Bröckers