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Mit Maus und Monitor Medienkompetenz vermitteln wird zu einer der wichtigsten Aufgaben der Schule. Doch es hapert an Fortbildungen für Lehrer

Manche Teilnehmer haben noch nie eine Maus in der Hand gehabt und sitzen mit einem Mordsrespekt vor dem Monitor. Andere haben zwar längst einen PC, verheddern sich aber immer wieder im Wirrwarr von Windows und Word. Mehr als 170 Lehrer hat Julian Affeldt im Auftrag des Klett- Verlages bereits in Berlin durch die Fortbildung geschleust, vom Kleinen Windows-Einmaleins bis zur Installation von komplexen Programmen. Und manchmal schraubt Affeldt mit den Teilnehmern zusammen den Computer auf. „Wenn die so eine Festplatte mal selbst in der Hand gehabt haben, sehen sie einen Computer viel lässiger, als wenn sie dieses seltsame Rattern aus der Kiste nicht verstehen“, sagt Affeldt. „Für viele Lehrer ist die Computerwelt immer noch Neuland, aber das Interesse ist viel größer als noch vor ein paar Jahren.“

Die Zeiten, in denen Lehrer glaubten, daß multimedialer Unterricht bloß Tinnef sei, sind längst vorbei. Spätestens seit der Initiative „Schulen ans Netz“, die vor drei Jahren mit 160 Millionen Mark von Telekom und Bundesbildungsministerium hochgestemmt wurde, ist der Einsatz neuer Medien an der Schule in aller Munde. Keine Frage, Medienkompetenz zu vermitteln wird eine wachsende Aufgabe für die Schule. Das kann nur funktionieren, wenn auch die Lehrer fit sind auf diesem Gebiet. Doch von Lehrerfortbildung war bislang meist nur am Rande die Rede. „Die Lehrerbildung zur Medienkompetenz wird in Deutschland vernachlässigt“, resümierte bereits 1997 die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie – ob an der Universität, im Referendariat oder in der Fortbildung.

Dabei ist eines klar: Wo Lehrern beim Blick auf die nervös designten Screens der Netzseiten die Maus aus der Hand fällt, wird Umgang mit den neuen Medien nur mühsam zum selbstverständlichen Bestandteil des Schulalltags. Zwar ist das Bewußtsein für die Bedeutung der neuen Medien unter den Pädagogen gewachsen. Doch nur jeder fünfte Lehrer arbeitet im Unterricht tatsächlich mit Maus und Monitor. Viele Lehrer sind noch unsicher, wie sie einerseits mit den Medienerlebnissen der Schüler umgehen und andererseits die neuen Medien in den Unterricht sinnvoll integrieren sollen.

„Was von staatlicher Stelle und von der Initiative Schulen ans Netz für die Lehrerbildung getan wird, ist äußerst dürftig“, kritisiert Klett- Fortbilder Affeldt. Das sieht Detlef Garbe, Geschäftsführer von Schulen ans Netz, anders. Rund neun Millionen Mark gingen in die Fortbildung, für zentrale Veranstaltungen, schulinterne Weiterbildungen oder Teach-your-Teacher- Projekte. Zumindest einiges hat sich getan. In Nordrhein-Westfalen bilden 170 Moderatoren Kollegen aus, auf daß diese im Schneeballsystem die Qualifikationen für die neue Medienwelt in ihren Schulen verbreiten. Die baden- württembergische Kultusministerin möchte mit Hilfe von IBM- Trainern ihre Pauker auf Trab bringen. Berlin und Hamburg wollen durch Fortbildungsangebote den Lehrern PC und Internet schmackhaft machen.

Doch vor allem an den Universitäten sitzt die Medienschulung noch immer in der zweiten Reihe. Ein Beispiel: Von 4.810 Veranstaltungen, die im Wintersemester 1994/95 in den Erziehungswissenschaften an fünfzig deutschen Hochschulen angeboten wurden, behandelten gerade mal vier Prozent das Thema Medien. Lediglich in jeder dritten dieser Veranstaltungen ging es um die neuen Medien jenseits von TV und Video. Die Gründe sind vielfältig: „Es gibt nicht genug Professoren in diesem Bereich“, sagt Gerhard Tulodziecki, Professor für Medienpädagogik an der GHS Paderborn, „die dafür ausgebildet und daran interessiert sind.“ Zudem ist das erziehungswissenschaftliche Begleitstudium für Lehrer ohnehin überfrachtet. Wo läßt sich da die Medienpädagogik noch reinpacken? „Keiner fühlt sich zuständig“, klagt Dieter Spanheel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Medienpädagogik in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. „Gehört das Thema zur Medienerziehung, zur informationstechnischen Grundbildung, zu den Fachdidaktiken?“

Doch haben einige Hochschulen, Hamburg oder Göttingen etwa, inzwischen erkannt, daß hier Bedarf besteht. In Bielefeld können Studenten sogar eine Zusatzqualifikation für „Medienkompetenz in der Lehramtsausbildung“ machen, in Bremen gibt es ein „Zertifikatstudium Informationstechnische Grundbildung“, und am Institut für Schulentwicklung der Uni Dortmund hat 1996 der Bund-Länder-Modellversuch „Informations- und Kommunikationstechnologische Ausbildung im Rahmen des Lehramts-Studiums“, kurz Ikarus, begonnen.

Unter den Fittichen der Bertelsmann- und der Heinz-Nixdorf-Stiftung läuft seit Mitte 1996 das bundesweit wohl umfassendste Projekt zur Qualifizierung von Lehrern für den Einsatz neuer Medien im Unterricht. Unter dem Dach der Initiative „BIG – Bildungswege in der Informationsgesellschaft“ haben die Stiftungen zwei Projekte für die Lehrerbildung in Studium, Referendariat und Berufsleben aus der Taufe gehoben: Ein Modellprojekt in Paderborn will Referendare und Lehrer in der Arbeit mit den neuen Medien fit machen. Elf Schulen haben sich zu einem computervernetzten Projektverbund zusammengeschlossen, ein elektronisches Klassenzimmer steht für Schulungen bereit. An der Gesamthochschule (GHS) Paderborn tüftelt parallel eine Arbeitsgruppe an einem Lehrplan, der das A und O der neuen Medien in der Universitätsausbildung verankern soll. Für die Staatsexamenstudenten ist die Teilnahme Pflicht.

Freilich, wie effektiv die Fortbildungsmaßnahmen überhaupt sind, ist umstritten. Das Konzept kranke an der Freiwilligkeit, meint der Nürnberger Pädagoge Spanheel. „Punktuelle Fortbildung bringt nur wenig. Es sind ohnehin nur die Begeisterten, die mitmachen. Auf Tagungen sagen Lehrer immer, ja, bei uns wird total viel gemacht, doch wenn man fragt, und was machen Sie, kommt ein überraschtes: Ich? Nix.“ Deshalb setzen viele Initiatoren nun auf schulinterne Fortbildungen über längere Zeit.

In den neuen Ländern scheitert vieles schon an der Ausstattung. In Sachsen-Anhalt etwa haben nur 79 Prozent der Lehranstalten einen Rechner mit Netzanschluß und die wenigsten Lehrer einen PC in den eigenen vier Wänden. Nach wie vor beschäftigt mit der geänderten Lehrsituation im vereinten Deutschland, steigert die Gehaltskürzung von 13 Prozent in diesem Jahr nicht eben die Motivation, sich aufwendig in neue Techniken einzuarbeiten. Die wenigen medienfitten Kollegen an den Schulen beurteilen denn auch die Computertauglichkeit ihrer Kollegen denkbar schlecht: In einer Untersuchung der Universität Halle verteilten die befragten Fachlehrer zur Hälfte Fünfen, die Kategorie ausreichende oder gar gute Kenntnisse wurde nicht einmal vergeben.

Letztlich jedoch, da sind sich die Pioniere in den vielen multimediafreudigen Schulen einig, sei der Einsatz der neuen Medien weniger eine Frage der Qualifikation, sondern der technischen Versorgung. „Die Systeme müssen einfach am Laufen gehalten werden, und in der Vorstellung der Lehrer muß die Technik unkompliziert funktionieren“, sagt Fritz Evers, leidgeprüfter PC-Zuständiger an einer Paderborner Schule, die am Bertelsmann-Nixdorf-Projekt teilnimmt. „Da sitzt man Nächte dran“, ergänzt sein Kollege Detlev Schubert, „denn feste Systemmanager wie in der Industrie will keiner bezahlen.“ Anja Dilk

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