Kosovo-Albaner droht Abschiebung

■ Weil er sich einen bosnischen Paß besorgte, soll er nach Bosnien

Einem Kosovo-Albaner droht seit vorgestern die Abschiebung aus Berlin – allerdings nicht in den Kosovo, sondern nach Bosnien. Seit einem Monat sitzt der 30jährige Islam S. in Abschiebehaft in Grünau, obwohl seine Freundin hochschwanger und nach wie vor im Besitz einer Duldung ist. Die Abschiebung war nach Angaben seines Anwalts Eckart Wähner zunächst für Donnerstag angekündigt gewesen, fand dann aber vorerst nicht statt.

Hinter der angedrohten Ausweisung ins bosnische Sarajevo steckt ein skurriles Flüchtlingsschicksal: Als er 1992 den Einberufungsbefehl der jugoslawischen Armee erhielt, flüchtete Islam S. aus dem Kosovo in die Bundesrepublik. Islam S. stellte hier einen Asylantrag, der später abgelehnt wurde, konnte dann aber zunächst mit einem Duldungsstatus in Berlin bleiben. Als die Duldung auslief und für Kosovo-Albaner keine Aussicht auf Verlängerung bestand, beantragte er angesichts der desolaten Lage in seiner Heimat einen zusätzlichen bosnischen Paß – den er 1994 auch bekam. Seither hat Islam S. faktisch die doppelte Staatsangehörigkeit.

Jetzt – in einer Situation, in der Bosnier abgeschoben werden können, Kosovo-Albaner hingegen nicht – soll Islam S. wegen seines zweiten Passes in ein Land abgeschoben werden, das er nicht kennt und dessen Sprache er nicht spricht. Für die Ausländerbehörde ist die Sache klar: Juristisch ist Islam S. ebenso Bosnier wie Jugoslawe; also steht einer Abschiebung nichts im Weg.

Es steht zu befürchten, daß Islam S., dessen Fall jetzt dem Petitionsausschuß im Abgeordnetenhaus vorliegt, nicht der einzige ist, dem die Abschiebung in die Fremde droht: Nach Schätzungen der Asylberatung in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche könnte es bis zu hundert ähnliche Fälle geben.

„Viele haben sich damals bei der bosnischen Botschaft um einen Paß bemüht“, erklärt auch Bosiljka Schedlich vom Südosteuropa-Zentrum, „die Menschen versuchen nun einmal, ihr Leben zu retten.“ Schedlich verweist auch darauf, daß der Koksovo-Albaner in ein „Niemandsland“ geschickt werde: „Wenn er nicht aus Bosnien kommt und da keine Wohnung und Arbeit hat, wird er sich auch nirgends registrieren lassen können.“

Von einem „tragischen Fall“ spricht auch Ismail Kosan, ausländerpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen. „Es sollte darauf Rücksicht genommen werden, daß er faktisch nicht nach Bosnien gehört.“ Kosan kündigte an, wegen der drohenden Abschiebung das Gespräch mit Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) zu suchen. Jeannette Goddar