■ Mit dem Fahrplanwechsel auf du und du
: Ein Plus für Interregios

Berlin (taz) – Morgen ist nicht nur Wahltag, es wechselt auch der Fahrplan. Hier liegt die Spannung nicht im Ereignis, sondern in der Frage, ob die DB AG ihn trotz der zahlreichen Pannen der jüngsten Zeit wird einhalten können.

Planmäßig ändert sich nicht allzuviel: Die im Sommer ruchbar gewordenen Streichungen von Dutzenden Interregiozügen finden erst einmal nicht statt. Die Bahn verhandelt gegenwärtig mit den Ländern über den Weiterbetrieb. Immerhin macht sie jetzt ein Angebot, das auf eine bessere Auslastung der Interregios abzielt: Für 69 Mark kann jede mit dieser Zugart so weit fahren, wie sie bis zwei Uhr nachts kommt. Bahncard-BesitzerInnen zahlen 49 Mark. Das Ticket gilt allerdings weder freitags noch sonntags ab 9 Uhr.

Besonders stolz ist die DB AG auf ihre neue ICE-Strecke von Berlin nach Hannover, wo die Hochgeschwindigkeitszüge ab sofort mit einem Durchschnittstempo von 156 Stundenkilometern fahren – nicht allzu schnell im Vergleich zum französischen TGV, der zwischen Paris und Lille auf schwierigerer Strecke 258 Stundenkilometer schafft. Dafür gibt es ab sofort eine stündliche Verbindung von der Hauptstadt nach Köln und Bonn. Extra für Geschäftsreisende hat die DB AG einen ICE-Sprinter zwischen Berlin und Frankfurt eingerichtet, der morgens und abends nonstop fährt und weniger als vier Stunden unterwegs ist.

Für viele Ostdeutsche klingt die Bezeichnung „Verkehrsprojekt deutsche Einheit“ wie Hohn. Während die niedersächsische Volkswagenstadt Wolfsburg durch die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke endlich angeschlossen wird, brausen bis auf zwei Ausnahmen alle ICEs weiterhin am sachsen-anhaltinischen Stendal vorbei. Der Grund: Die Streckenplanung stammt noch aus DDR-Zeiten, als man Westberlin und Westdeutschland verbinden und einen Kontakt der DDR-Bevölkerung mit den durchfahrenden Zügen möglichst verhindern wollte. Auch die beiden Landeshauptstädte Magdeburg und Potsdam wurden von der neuen Ost-West-Achse abgekoppelt. Immerhin führte massiver Protest dazu, daß auf der alten Strecke noch sieben ICE-Verbindungen erhalten bleiben.

Eine Verbesserung für den Osten gibt es allerdings auch: Dresden und Leipzig liegen jetzt nur noch 45 statt 59 Minuten auseinander. Ein neues Kursbuch erscheint erst wieder am 29. Mai 1999. Die DB AG verteilt an den Bahnhöfen kostenlos eine Broschüre „Fahrplan aktuell“, in der die Neuerungen drinstehen. Annette Jensen