Räume finden macht Schwierigkeiten

■ Der Hamburger SV kann gegen Schwächere gewinnen: Gegen neun Rostocker mühevoll 1:0

Immer diese langen Pässe. Die Angriffsbemühungen des Hamburger SV sahen am Freitag abend stets gleich aus. Aus dem Mittelfeld wurde der Ball steil in die Spitze gespielt, wo sie nicht bei Sergej Kirjakow und Anthnoy Yeboah, den beiden Stürmern, ankamen. Zu sicher stand die Abwehr von Hansa Rostock, als daß dieses Offensivmittel gefruchtet hätte. Aber anstatt daraus Konsequenzen zu ziehen, suchten die Profis die Lösung im verzweifelten „Mehr desselben“: Noch mehr lange Pässe.

Dabei wäre es so einfach gewesen, gegen Hansa eine Menge Tore zu erzielen. Bereits nach 16 Minuten waren die Mecklenburger nur noch zu zehnt. Abder Ramdane hatte für einen derben Schlag an den Kehlkopf von Bernd Hollerbach Rot gesehen. Sein Trainer Ewald Lienen warf ihm nach dem Spiel denn auch „amateurhaftes Verhalten“ vor, gab aber auch ironisch zu bedenken: „Der Hollerbach, von dem man ja weiß, daß er ein fairer Spieler ist, wußte genau, gegen wen er da spielte.“ Soll heißen: provozierte seinen Gegenspieler solange, bis der ausrastete.

Auf die Nachfrage, ob das nicht inzwischen normal sei, antwortete der Notizblock-Fetischist: „Heutzutage ist scheinbar alles normal.“ Dabei gab es an der Entscheidung von Schiedsrichter Hans-Jürgen Weber nichts zu kritisieren, ebenso wenig wie am zweiten Platzverweis gegen Igor Pamic. Wer innerhalb von fünf Minuten seinen Geg-ner zweimal von hinten umsenst, der hat die gelbrote Karte verdient.

Der HSV nützte die Situation aber nicht aus. Statt dessen: Immer diese langen Pässe. „Man hat gesehen, wie schwer es ist gegen neun Mann zu spielen“, orakelte Trainer Frank Pagelsdorf, und er hätte auch davon erzählt, wie schwer es sei, gegen sieben ein Tor zu erzielen. „Da findet man kaum Räume, vor allem im Angriff.“ Freundlich von ihm, daß er sein Team in Schutz nimmt, aber seine ehrliche Meinung wird das nicht gewesen sein. Schon eher die Aussage, daß „wir noch nicht so weit sind, wie der Tabellenplatz glauben läßt“. Immerhin gelang Andrej Panadic mit einem Kopfball sieben Minuten vor Schluß der Begegnung doch noch das 1:0. Die Hamburger zogen endlich einmal das Spiel in die Breite, und eine Flanke landete im Strafraum. So einfach spielt man erfolgreich Spiel gegen einen Gegner in Unterzahl. Und nicht immer nur mit langen Bällen in die Spitze.

Eberhard Spohd

HSV: Butt, Hoogma (ab 73. Grubac), Hertzsch, Panadic, Fischer, Groth, Ernst (ab 46. Dembinski), Hollerbach (ab 46. Jepsen), Gravesen, Kirjakow, Yeboah

Rostock: Pieckenhagen, Weilandt, Gansauge, Rehmer, Ramdane, Lange (ab 70. Ehlers), Yasser, Milinkovic (ab 85. Fuchs), Majak, Neuville (ab 81. Zallmann), Pamic

SR.: Weber – Z.: 25.700

Tor: 1:0 Panadic (83.)

Rote Karte: Ramdane (16.) wegen einer Tätlichkeit

Gelbrote Karte: Pamic (60.)