Ballermänner on Tour

Bei den German Masters im Gut Lärchenhof, dem edelsten der Edelclubs, zeigt sich: Golfprofis sind zu gut für Golfplätze  ■ Von Bernd Müllender

Pulheim-Stommeln (taz) – Als Wirtschaftsanwalt hat man in Deutschland sein Auskommen. Und manchmal auch ein paar Mark übrig. So wie Dr. Bernd Klasmeyer aus Köln, der sich mit der Stadtsparkasse als Co-Investor zusammentat, um sich vor seiner Haustür „den großen persönlichen Traum zu erfüllen“. Und halt etwas zu bewegen. Bei ihm war es fast eine Million Kubikmeter Erde.

48.000 Bäume und Sträucher wurden im rheinischen Stommeln gepflanzt, ein alter Rheinarm wieder geöffnet, um mehrere kleine neue Seen zu speisen. 35 Millionen Mark wurden verbuddelt. Heraus kam – ein fauchendes Braunkohlekraftwerk am Horizont, umringt von Rübenfeldern und Kartoffeläckern – die Golfanlage „Gut Lärchenhof“: der teuerste und angeblich edelste Platz des Landes (sonst reichen auch zehn Millionen).

Doch Kritik kommt von den Aktiven, die an diesem Wochenende 2,8 Millionen Mark Preisgeld ausspielen. Höflich noch der lange führende Vijay Singh: „Na ja, schon sehr leicht hier.“ Oder Hans Peter Thuel, Profi aus Köln: „Man kann ja überall gefahrlos hinballern. Und am Ende wird es ein Putt-Wettbewerb.“

Hinballern! – welch schäbig Wort in diesem Ästhetensport. Doch die fundamentale Mäkelei bestätigte sich auch für den Zuschauer umgehend. Die Profis spielen heute einfach zu gut für die üblichen Plätze. Und da droht auf Dauer: Langeweile. Ja, da stehen sie am Abschlag, egal ob der dürre Nachwüchsler Tobias Dier aus Nürnberg, ob Britanniens Zweizentnermonster Russell Claydon, ob Spaniens Grande Severiano Ballesteros oder Nick Faldo: Wie ein Strich nach dem anderen saust die Kugel Richtung Unendlichkeit, begleitet von tausendfachen Ooohs und Aaahs. Und dann sind diese Haudraufs, durch immer besseres High-Tech-Material begünstigt, fast schon am Ziel und brauchen den Ball mit sanftem Schwung nur noch aufs Grün zu zaubern. Dabei waren die wüstesten Ballermänner der Szene gar nicht am Start: Das elegante Bewegungswunder Tiger Woods, der die Kugel über 300 Meter weit fliegen lassen kann, und der Wüterich John Daly, der noch weiter kommt, wenn man ihm am Abend vorher die Whiskey-Flasche weggenommen hat. Da freut man sich eben über Per-Ulrik Johansson. Der Schwede, lange ganz vorn, spielte am Freitag erst auf einer 500-Meter-Bahn einen phantastischen Eagle (mit drei Schlägen drin), um am übernächsten Loch in Führung gehen zu können. Doch dort brauchte er für die letzten knapp drei Meter unkonzentriert debakelöse drei Putts.

Die brauchte auch Bernhard Langer manchmal mit seinem kuriosen Besenstilputter. Und mit 41 Jahren ist man im scheinbaren Altherrensport Golf längst an der Schwelle zur Seniorenklasse. Er hat neue Schläger, ist topfit, der Schwung elegant wie stets und neu perfektioniert. Aber ihm fehlen, verglichen mit den jungen Wilden, immer mal ein paar Meter Länge für den vorentscheidenden zweiten Schlag, um in der Summe unter den Top ten zu landen. Bei Redaktionsschluß gestern nachmittag führte kurz vor Schluß der schlotterige Schotte und Mitfavorit Colin Montgomerie knapp vor einem Dutzend anderer potentieller deutscher Ballermann-Master. Die Breite an der Spitze, würden Fußballer sagen, ist dichter geworden – hier ist es ein weiterer Beleg, daß alles zu leicht geworden ist. Was man auch, ganz numerisch, am Begriff Par erkennt. Das bedeutet Professional Average Rate und bezeichnet die theoretisch durchschnittliche Sollzahl pro Runde eines Profis. Die liegt bei 72 Schlägen. Im Lärchenhof spielten sie weniger als 69 im Schnitt.

Also, Ihr Dr. Klasmeyers dieser Welt: Macht die Bahnen enger und deutlich länger. Stellt diesen austrainierten Perfektionisten Bäume in den Weg, forstet Waldhindernisse auf die Fairways, macht die Seen magnetischer und die Grüns viel schiefer, kleiner, gemeiner. Laßt die Stars, bei aller verdienten Bewunderung, häufiger patzen und verzweifeln. Sonst kommt noch tatsächlich irgend so ein Ignorant auf die Idee, dieses wunderbare Spiel sei gar kein Sport.

Überzeugen Sie sich: Ein Tag bei einem Golfturnier ist beste Unterhaltung – nicht nur der prickelnde Wettkampf selbst (ganz anders als im TV), sondern auch dank der menschlichen Kuriositätenversammlung am Rande aus designerbebrillten, karierthosigen (kein Profi trägt so was) und schlauschwätzenden Möchtegern-Klasmeyers und Wäregern-Langers.