SPD-Sieg auf der ganzen Linie

Analyse der Bundestagswahl in Hamburg: Überdurchschnittlich hohe Verluste für die GAL. Grünes Stimmensplitting sorgt für SPD-Überhangmandat  ■ Von Florian Marten

Flächendeckende Gewinne der SPD, massive Verluste der CDU und – im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten – überdurchschnittliche Verluste der Grünen in beinahe allen Stadtteilen – die Wahlanalyse des Statistischen Landesamtes zeigt ein überraschend einhelliges Bild des Wählertrends in Hamburg. Besonders nachdenklich dürfte es die Grünen stimmen, denen die Beteiligung am Hamburger Senat offenkundig keinen Rückenwind brachte.

Im Gegenteil: Zwar ist die Halbierung der grünen Stimmen in Altenwerder/Moorburg eine Ausnahme und der Stimmenrückgang mit durchschnittlich 1,9 Prozentpunkten kein Erdrutsch, doch liegt er deutlich über dem Bundestrend. Beunruhigender vielleicht noch: Erzielten die Grünen 1994 hinter Frankfurt und Stuttgart das drittbeste Ergebnis in Großstädten, so zogen diesmal Köln, Bremen, Berlin und München an Hamburg vorbei.

In Hamburg hat die GAL mit nur noch 104.000 Stimmen ihren niedrigsten WählerInnenzuspruch seit 1991. Dies trug sicher entscheidend dazu bei, daß die Hamburger SPD mit einem Sprung um 6,1 Prozentpunkte den größten Zuwachs im Großstadtvergleich verbuchen konnte.

Diese nackten Zahlen stützen einen Eindruck, den Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) noch in der Wahlnacht formulierte: „Ich habe bei meinem Wahlkampf, besonders bei meinen Betriebsbesuchen, gespürt, daß Rot-Grün für unsere Wähler kein Problem ist.“ Für viele grüne WählerInnen ist offenkundig aber auch das Problem mit der SPD geringer geworden.

Weigerten sie sich 1994 noch sehr konsequent, SPD-DirektkandidatInnen zu unterstützen, so halfen sie diesmal mit, Rot-Grün in Bonn durch ein Hamburger SPD-Überhangmandat zu stärken, das Anke Hartnagel mit dem Rekord-Erststimmenzuwachs von 34,3 auf 47,1 Prozent im Wahlkreis Nord eroberte. 1994 hatte hier Ober-GALierin Krista Sager mit 18,6 Prozent für ein Debakel von SPD-Oldie Wolfgang Curilla (34,3 %) gesorgt und CDU-Landeschef Dirk Fischer den dritten Sieg in Folge verschafft. Insgesamt lag das Zweitstimmenergebnis der Grünen um 2,9 Prozent über den Erststimmen.

Davon profitierte selbst SPD-Rechtsausleger Johannes Kahrs im Wahlkreis Mitte, der allerdings mit 14,3 Prozent grüne Zweitstimmenhochburg blieb. Beste SPD-Bezirke waren diesmal Harburg und Mitte – die CDU konnte in Wandsbek und Bergedorf ihre besten Ergebnisse einfahren. Stabil blieb die soziale WählerInnenlandkarte: Die SPD hat in den armen Stadtteilen ihre besten Ergebnisse, CDU und FDP landen am besten bei den Reichen. Nur bei den Grünen taten sich die Analytiker des Statistischen Landesamtes schwer, eine eindeutige soziostrukturelle Übereinstimmung zwischen Stadtteilstruktur und Wahlergebnis zu ermitteln.

Die PDS kam in immerhin sechs Stadtteilen (darunter St. Pauli mit 8,5 Prozent und St. Georg) über die 5-Prozent-Marke, welche die DVU nur in Hamm-Süd und Grasbrook/Steinwerder übersprang. Die FDP verlor in Hamburg weiter an Stimmen – ihre Bandbreite reicht jetzt von 15,8 (Wellingsbüttel) bis 2,4 Prozent in St. Pauli. Für die CDU reichte es nur in den wenigen ländlich geprägten Gebieten zu satten Ergebnissen – Reitbrook, Spadenland und Tatenberg glänzen mit jeweils über 50 Prozent.

Während die SPD in den Vier- und Marschlanden sowie den Elbvororten und den Walddörfern vergleichsweise schlecht abschnitt, hat sie sich in den Hochhaussiedlungen deutlich stabilisiert: In Steilshoop reichte es gar zu erstaunlichen 61,4 Prozent.

Die Grünen verloren überall in der Stadt, lagen in Steinwerder sogar nur bei 2,9 Prozent, konnten sich in ihren innerstädtischen Hochburgen aber überdurchschnittlich behaupten. St. Pauli bleibt mit 31,2 Prozent das grüne Glanzlicht. Im Wahllokal Gaußstraße in Ottensen verpaßten Grüne (41,6%) und PDS (7,1%) zusammen nur ganz knapp die 50-Prozent-Marke.