Bremen ist wieder eine rote Hochburg

■ Die SPD ist stark in den Arbeitervierteln und holt in den bürgerlichen Bremer Quartieren zusätzlich mit Stimmen auf

Bremen hat bei der Bundestagswahl seinen alten Ruf als sozialdemokratische Hochburg wiederhergestellt. Nur in den Ruhrgebietsstädten Duisburg, Bochum, Dortmund und Essen hat die SPD mit deutlich über 50 Prozent mehr Stimmen eingefahren als in Bremen. Auch in Hannover liegt die SPD mit 49,6 Prozent leicht über dem stadtbremischen Ergebnis von 49,3. Die Bremer Grünen liegen mit ihrem Ergebnis von 12,3 Prozent (plus 0,4 gegenüber 1994) auf Rang vier der bundesdeutschen Großstädte hinter Frankfurt/Main, Stuttgart und Köln.

Die Sozialdemokraten haben in Bremen ihre traditionellen Wählerschichten mobilisiert. In den Großsiedlungen, in denen jeder vierte der gut 400.000 Bremer Wahlberechtigten lebt, kam die SPD auf über 53 Prozent. Noch stärker waren die Sozialdemokraten mit 58 Prozent in den traditionellen Arbeitervierteln wie Gröpelingen, Walle und Hemelingen. Hier verlor die CDU mit 6,4 Prozentpunkten überproportional viel. Bemerkenswert sind auch die 54,6 Prozent für die SPD in Bremerhaven. Damit hievten die Seestädter das SPD-Landesergebnis auf 50,2 Prozent. Nur im Saarland lag die SPD mit 52,4 Prozent besser, in Schröder-Land Niedersachsen mit 49,4 Prozent knapp darunter. Schlechter als die Bremer CDU mit 25,5 Prozent schnitten nur die Parteifreunde in Berlin (23,7) und Brandenburg (20,8) ab.

Der Einbruch der SPD in die „neue Mitte“ ist auch in Bremen zu beobachten. In bürgerlichen Quartieren legte die SPD mit 5,5 Prozentpunkten verhältnismäßig stärker zu als bei der traditionellen Klientel und kommt dort auf 32,9 Prozent.

Die CDU ist insbesondere in der Innenstadt und den City-Randbereichen im freien Fall. Nur 19 Prozent erreichte die Union in diesen Gegenden, lag damit deutlich hinter den Grünen, die in ihren Hochburgen ihre Position von 25,3 Prozent 1994 auf 29 Prozent ausbauen konnten und dort nur knapp hinter der SPD rangieren.

Noch nie haben die Bremer ihre Erst- und Zweitstimmen so stark gesplittet wie bei dieser Wahl. 21,5 Prozent machten ihre beiden Kreuzchen bei unterschiedlichen Parteien. Während aber mehr als 91 Prozent der SPD und der CDU-Wähler die Erststimme wie die Zweitstimme vergaben, wählten von den grünen Zweitstimmen-Wählern immerhin 51,2 Prozent einen SPD-Direktkandidaten. Von den FDP-Anhängern wählten 47 Prozent einen CDU-Kandidaten, 17,6 Prozent einen Sozialdemokraten. Insgesamt profitierte die SPD am meisten vom Stimmensplitting.

Die bei früheren Wahlen so beliebten Analysen des Wahlverhaltens nach Alter und Geschlecht sind bei dieser Wahl nicht möglich. Nach Angaben von Landeswahlleiter Dieter Matthey wurde die Möglichkeit solcher Analysen drei Wochen vor der Wahl auf Antrag der Bonner CDU/FDP-Koalition aus dem Wahlgesetz gestrichen. Gründe dafür seien ihm nicht einsichtig, so Matthey. jof