„Ich bin am Schröder-Effekt gescheitert“

■ Rechtsanwalt Christian Ströbele hat in Kreuzberg/Schöneberg das erste grüne Direktmandat wieder einmal verpaßt. Seine leichten Stimmengewinne führt er auf „linke Positionen“ zurück

Rund 41.000 Erststimmen erreichte der grüne Kandidat Christian Ströbele in seinem Wahlkreis Kreuzberg/Schöneberg. Der SPD- Politiker Eckhardt Barthel bekam 53.700 Stimmen – und gewann das Direktmandat, das auch Ströbele anstrebte. Dieser hatte darauf gesetzt, als erster Grüner überhaupt nicht nur über die Landesliste, sondern als Direktkandidat mit der Stimmenmehrheit seines Wahlkreises in den Bundestag einzuziehen. Schon bei der Bundestagswahl 1994 war Ströbele gescheitert – aber deutlich knapper. Der grüne Parteilinke kam damals auf 40.300, sein SPD-Konkurrent auf 46.300 Stimmen.

taz: Sie haben Ihren Wahlkreis wieder nicht gewonnen. Woran hat es gelegen?

Christian Ströbele: Die SPD hat mächtig Stimmen von der CDU dazugewonnen. Diese CDU-Stimmen sind für mich unerreichbar. Auf dieser Welle ist der SPD-Kandidat Eckhardt Barthel vor mir ins Ziel geschwommen. So bin ich am Schröder-Effekt gescheitert. Gegen den bundesweiten Trend zur SPD kann man auch mit einem noch so intensiven Wahlkampf keinen anderen Direktkandidaten durchsetzen.

Der PDS ist das aber viermal gelungen.

Deren Ausgangsposition als regionale Partei im Osten und linke Protestformation zugleich ist besser.

Hat Ihre Position als Linker innerhalb der Grünen den Mißerfolg verursacht?

Im Vergleich zu anderen Regionen habe ich ein Traumergebnis geholt. Bei mir geht es nicht um 5 oder 8 Prozent, sondern um 29 oder 30 Prozent. Außerdem habe ich gegenüber 1994 noch rund 1.000 Stimmen dazugewonnen – dank oder trotz linker Positionen.

Sie haben hoch gepokert – und verloren. Ergibt das eine Schwächung linker Forderungen in der grünen Bundestagsfraktion?

Nein, eher im Gegenteil. Denn während die Grünen bundesweit verloren haben, hat sich mein Ergebnis verbessert. Es ist also möglich, mit linken Positionen Stimmen zum Beispiel von der PDS zu gewinnen. Eine wichtige Lehre: Besonders in den neuen Ländern gibt es noch ein erhebliches Potential, das wir so erschließen können.

Was wollen Sie in den ersten Monaten im Bundestag tun?

Wir müssen sofort das Staatsbürgerschaftsrecht ändern. Dafür gibt es jetzt eine breite Mehrheit. Wer hier geboren wird und ein Elternteil mit hiesigem Lebensmittelpunkt hat, sollte automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Auch die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft werden wir anpacken. Interview: Hannes Koch