Agrevo kauft sich weiter ins Saatgutgeschäft ein

■ Gentechnik-Konzern leistet sich für gut eine Milliarde Mark Teil des US-Riesen Cargill

Berlin/Frankfurt (taz/dpa) – Der größte deutsche Gen-Agrarkonzern weitet sein Geschäft aus. Gestern gab die Agrevo in Frankfurt bekannt, daß sie das Saatgutgeschäft des US-Konzerns Cargill Incorporated größtenteils übernimmt. Der Kaufpreis für einen Jahresumsatz von 106 Millionen Dollar beträgt 650 Millionen Dollar, etwa 1,1 Milliarden Mark.

Die gemeinsame Hoechst- und Schering-Tochter Agrevo wurde 1994 gegründet und wächst rasant. Sie erzielte 1997 einen Umsatz von 4,07 Milliarden DM und wies einen Gewinn von 314 Millionen DM aus. Der Konzern ist damit das weltweit fünftgrößte Pflanzenschutz- und Forschungsunternehmen für Gentechnik in der Landwirtschaft nach Novartis, Monsanto, Zeneca und Dupont.

Der Hauptumsatz (65 Prozent) wird mit Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln (Insektiziden) erzielt. Der bisher geringe Umsatzanteil von drei Prozent bei den Biotechnik-Produkten soll durch den Zukauf der Cargill Saatgut ausgeweitet werden. Cargill wurde 1865 gegründet. Mit 80.600 Beschäftigten und einem Umsatz von 92 Miliarden Mark ist der Konzern der sechstgrößte Lebensmittelverkäufer weltweit.

Die Cargill-Sparte Hybrid Seeds North America (CHS) ist ein führender Hersteller von Hybrid-Saatgut. Dieses Saatgut bringt im allgemeinen höhere Erträge, alle Pflanzen auf dem Acker haben genau die gleichen Eigenschaften und die gleiche Reifezeit. Dafür werden die Bauern aber von den Saatgutfirmen quasi abhängig – Hybridsaatgut kann nicht ein zweites Mal ausgesät werden, die Landwirte müssen jedes Jahr von neuem Körner für die Aussaat kaufen.

CHS ist in Nordamerika Marktführer bei Sonnenblumen, bei Mais halten sie vier Prozent. Agrevo hingegen hat 1998 allein mit Genmais in Nordamerika schon eine Fläche von 32.000 Quadratkilometern bedeckt. Die meisten Agrevo-Sorten tragen ein Bakterien-Gen, das Insekten abhalten soll, die Maisstengel anzufressen. Solche Gene sollen nun wahrscheinlich auch auf die Cargill-Sorten aufgepfropft werden. In Nordamerika wurden 1997 insgesamt etwa 120.000 Quadratkilometer gentechnisch veränderte Sorten angebaut und damit auf einer größeren Fläche als der gesamten Ackerfläche Deutschlands.

Auch in der EU sind Genmais- Sorten zugelassen. Die Agrevo hat Anfang September dazu die deutsche Zulassung für das Spritzmittel Liberty bekommen – ein Allround-Herbizid, gegen das ein Teil des Genmaises resistent ist. Dem Anbau in der nächsten Saison stehen also auch auf deutschen Äckern keine Paragraphen mehr im Wege. rem