Eine Milliarde Mark dringend gesucht

■ Senat gibt O.K. für die Internationale Privatuniversität in Grohn: Jetzt fehlt nur noch ein umfängliches Stiftungskapital

Der Bremer Senat hat am Dienstag grünes Licht für die private Universität in Grohn gegeben. Anfang 1999 soll die Internationale Universität Bremen gegründet und ein Gründungsrektor berufen werden, sagte Wissenschaftssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD). Lehr- und Forschungsbetrieb könnten im Jahre 2000 beginnen. Nach drei Jahren soll die erste Aufbauphase mit 1.200 StudentInnen und 100 WissenschaftlerInnen abgeschlossen sein. Die Hochschule Bremen, die mit einem Umzug nach Grohn geliebäugelt hatte, wird in der Neustadt ausgebaut. Dafür stehen 70 Millionen Mark bereit.

Bremen betreibt das Projekt einer Internationalen Universität gemeinsam mit der texanischen Rice University. Noch im November soll auch das Massachusetts Institute of Technology (MIT) vertraglich eingebunden werden. Beide amerikanischen Renommierunis sind auf der Suche nach Brückenköpfen in Übersee, um an ausländische Forschungsgelder heranzukommen und ihren Studenten Auslandserfahrungen zu vermitteln.

Um die Gründung der Universität vorzubereiten und den Ausbau der Roland-Kaserne in Grohn zu einer Campus-Universität nach amerikanischem Vorbild zu planen, hat Bremen eine GmbH gegründet, die von einer Senatsarbeitsgruppe begleitet wird. Rice hat auch für die Vorplanung einen Professor nach Bremen entsandt. Amerikanische Experten werden noch in diesem Jahr die Gebäude in Augenschein nehmen, um notwendige Um- und Neubauten zu planen. Erst dann könne man den genauen Investitionsbedarf festlegen.

Wichtigste Aufgabe für einen in Kürze zu berufenden Projektmanager dürfte das Einwerben von Geld sein. Bremen verspricht der neuen Universität zwar ein hergerichtetes Gelände, ein Stipendienprogramm und eine Anschubfinanzierung. Dafür stehen 230 Millionen Mark aus dem Investitionssonderprogramm (ISP) bereit. Die laufenden Kosten muß die Privatfirma Universität jedoch selber aufbringen.

Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) rechnete vor: Die Betriebskosten dürften bei mindestens 60 Millionen Mark pro Jahr liegen. Aus Studiengebühren lassen sich selbst in Amerika nur 20 Prozent der Kosten decken. Also müßte man ein Stiftungskapital von 800 Millionen bis einer Milliarde Mark einwerben, um bei einer sechsprozentigen Verzinsung „das Projekt nachhaltig finanzieren zu können“. Von einer Herausforderung zu sprechen, sei angesichts dieser Zahlen wohl eher eine Untertreibung, sagte Hattig. Zumal Kahrs versicherte, daß der normale Etat für die Hochschulen nicht angetastet werden soll.

„Noch haben wir keine unterschriebenen Schecks im Tresor liegen“, räumte Kahrs ein. Es sei aber möglich, das Geld schrittweise hereinzuholen, weil auch die Kosten in der Anlaufphase nur schrittweise anfielen. Die Rice University, die mit excellenten Kontakten in der texanischen Öl-Industrie als eine der reichsten Hochschulen der USA gilt, habe zwar kein eigenes Geld zugesagt, werde dafür aber beim „Fund-Raising“ auch in den USA helfen. Im Wirtschaftsressort ist man optimistisch, daß es auch in Deutschland genügend vermögende Privatleute gibt, die ihre Millionen in eine Stiftung vererben. Von der Industrie erhoffe man sich eher Unterstützung beim Aufbau von einzelnen Forschungsinstituten.

Was genau in Grohn gelehrt und geforscht werden soll, konnte die Wissenschaftssenatorin noch nicht sagen. Man wolle den Betreibern und dem Gründungsrektor nicht vorgreifen. Neben dem Schwerpunkt Natur- und Ingenieurwissenschaften sollten jedoch internationales Recht und andere Geistes- und Sozialwissenschaften „nicht ausgesperrt werden“, sagte Kahrs.

Eine Quote für Bremische Studenten wird es in Grohn nicht geben. Aufgenommen werden alle deutschen und ausländischen Bewerber, die die Aufnahmeprüfung bestehen. Wer aus Bremen die Studiengebühren nicht bezahlen könne, dem sichert Kahrs ein Stipendium zu, das anfangs wenn nötig aus Mitteln des Landes bezahlt werden soll. Der SPD-Landesvorstand hatte ein solches Programm zu einer Bedingung für seine Zustimmung zur Internationalen Universität gemacht. Einige Dutzend Stipendiaten seien für den Landeshaushalt aber verkraftbar, hieß es.

Falls nicht genügend Stiftungskapital zusammenkommen oder die Internationale Universität aus anderen Gründen scheitern sollte, sind nach Meinung der Wissenschaftsplaner die Investitionen nicht verloren. Man habe in jedem Fall vor, in Grohn einen Wissenschaftsstandort aufzubauen.

Joachim Fahrun