■ Kommentar
: Die neue Kulturmitte

Die neue Mitte ist mehr als nur ein wie Pudding an die Wand genagelter Punkt, vor dem die SPD in die Kameras spricht. Für Berlin ist die neue Mitte zugleich politische Verortung und runderneuertes Quartier einer Mehrheitsgesellschaft, welche die Vergangenheit abstreifen und nun vor allem Teilhabe möchte. Unter dem Versprechen „Berlin“ bündeln sich im umgebauten Bezirk Mitte Lokales und Republik, Metropole und Kapitale.

Für das wahlweise „Klub Berlin“ oder „Generation Berlin“ benannte Milieu der neuen Mitte zählen Teilhabe und „Realitätssinn“. Daß eine Ausstellungsmacherin für die berlin biennale Institutionskritik liefert und zugleich den Berliner Neubau der Industrielobby mit Bildern vollhängt, scheint sich nicht mehr zu widersprechen. Das „Cool Berlin“ der neuen Mitte operiert nach britischem Vorbild zwischen radikalem „Jetzt“ und Export-Nation und schickt eine noch weiter zu verfeinernde nationale Popkultur voraus. Als „Partner für Berlin“ reisten neben BerlinBeta-Chef Marc Wohlrabe auch Love-Parade-Geschäftsführer Ralf Regitz und der Kunstimpressario Klaus Biesenbach nach New York und demonstrierten vor Ort, was Kulturbetrieb im nationalen Wettbewerb zu leisten im Stande ist.

Nun läßt der Kunst-Werke-Chef gemeinsam mit seinen angeheuerten Sub-VertragspartnerInnen für 2,5 Millionen Mark eine berlin biennale abhalten, deren Kongreß in Verein mit der Kunstmesse „art forum berlin“, der Brit-Pop-Ausstellung „Sensations“ und Roman Herzogs Einweihung der „Potsdamer Platz Arkaden“ am Vortag der Deutschen Einheit die selbstbewußte Nation repräsentiert. Die neue Mitte eben. Jochen Becker