■ Rechtsausbildung bleibt vorerst, wie sie ist
: Juristentag beklagt Vermassung

Bremen (taz) – Der Deutsche Juristentag in Bremen hat sich am Wochenende nicht auf eine Reform der Ausbildung angehender Juristen geeinigt. Der Dissens entspannte sich zwischen Anwälten, Justizministern und Richtern.

Die Rechtsanwälte forderten eine radikale Lösung. Sie wollen den deutschen Einheitsjuristen abschaffen und nach dem ersten Staatsexamen gesonderte Ausbildungen für Anwälte, Richter und Verwaltungsjuristen einführen. „Viele Juristen müssen Anwälte werden, obwohl sie für diesen Beruf weder motiviert noch ausgebildet sind“, klagt der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins (DAV), Michael Streck, der 91.000 Anwälte vertritt. Weil sie in Justiz und Verwaltung nicht unterkommen, drängen laut DAV jedes Jahr bis zu 7.000 unzureichend vorbereitete Juristen als Selbständige in den Anwaltsstand.

Die Justizminister der Länder, die das staatlich geregelte Referendariat mit Pflichtstationen in Verwaltung, bei Gericht und bei Anwälten rund eine Milliarde Mark pro Jahr kostet, sind für einen Befreiungsschlag. Sie wollen den Vorbereitungsdienst abschaffen und den praktischen Teil der Ausbildung in das fünfjährige Universitätsstudium integrieren. Damit verliere die Juristenausbildung ihre unzeitgemäße Sonderrolle, sagt der nordrhein-westfälische Justizminister Fritz Behrens (SPD).

Der Mehrheit der Teilnehmer des Juristentags ging das zu weit. Sie will am Referendariat wie auch am Einheitsjuristen festhalten. Ein Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelstages sagte, „deutsche Juristen haben den Vorteil, daß sie wissen, wie Richter und Verwaltungsleute arbeiten“. Auch die Referendare selbst wollen die praktische Ausbildung nicht an die Universitäten geben. „Praktika würden dort nur zu Massenveranstaltungen“, befürchtet der Schweriner Rechtsreferendar Henning Böders. Für den Juristentag ist die Ausbildungsmisere in erster Linie ein Massenproblem. Jedes Jahr beginnen in Deutschland 21.000 junge Leute ein Jurastudium. „Das sind einfach zu viele“, fand Sachsens Justizminister Steffen Heitmann (CDU). Die Juristen fordern deshalb einen Numerus clausus oder andere Zugangsbeschränkungen. Joachim Fahrun