Grüne fordern vier MinisterInnen

■ Der Poker um die Posten beginnt: Um die parteiinterne Frauenquote zu erfüllen, wollen die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD vier Kabinettsposten verlangen. Großer Andrang beim Fraktionsvorsitz

Bonn (taz) – Bündnis 90/Die Grünen wollen in einem Regierungsbündnis mit den Sozialdemokraten vier Ministerposten besetzen. „Wir fordern vier“, sagte Bundesgeschäftsführerin Heide Rühle mit Blick auf die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen. „Die FDP war auch nicht besser als wir und hatte in manchen Koalitionen sogar mehr.“ Ähnlich äußerte sich Vorstandssprecherin Gunda Röstel: „Wir sollten vier Ministerien anstreben.“ Bisher war lediglich der Anspruch auf drei Kabinettsposten im Gespräch gewesen. Die neue Forderung dient nicht zuletzt parteiinterner Beruhigung: Die grüne Frauenquote sieht vor, daß mindestens die Hälfte aller Ämter mit Frauen besetzt werden müssen – der bisherige Fraktionschef Joschka Fischer und Vorstandssprecher Jürgen Trittin gelten jedoch als sichere Kandidaten für Ministerämter.

Gestern trafen sich vor der konstituierenden Sitzung der neuen Bundestagsfraktion in Bonn erst einmal die bündnisgrünen Parlamentarierinnen zu gesonderten Beratungen. Die Frauenversammlung habe bei vier Enthaltungen beschlossen, daß nicht nur ein Parteitag, sondern auch die Fraktion dem Regierungspaket zustimmen müsse, berichtete Fraktionssprecherin Kerstin Müller: „Das ist schon ein Beschluß, der auch im Zusammenhang mit der Quote steht.“ Viele Politikerinnen sehen sich jetzt in der Zwickmühle: „Es gibt für Frauen immer zwei Loyalitäten: eine Frauenloyalität und eine Strömungsloyalität. Die sind auch beide in Ordnung. Dann gibt es nur Auswege über Paketlösungen.“

Die Diskussion um Personalien ist mit der Forderung nach vier Kabinettsposten ohnehin nicht beendet. Zwar will niemand derzeit sein eigenes Interesse bestätigen – aber von denen, die im Gespräch sind, werden Ambitionen auch nicht dementiert. „Es steht nicht zur Debatte, was ich will“, sagt die als Ministerin gehandelte Sozialexpertin Andrea Fischer. „Dazu sag' ich jetzt nichts“, meint Kerstin Müller, die sowohl als Anwärterin auf einen Kabinettsposten im Gespräch ist, als auch weiterhin Fraktionschefin bleiben könnte.

Der Andrang auf den Fraktionsvorsitz scheint derzeit besonders groß zu sein: Die Europapolitikerin Claudia Roth, der ehemalige Parteichef Ludger Volmer, die Verteidigungsexpertin Angelika Beer, der bisherige parlamentarische Geschäftsführer Werner Schulz und Rezzo Schlauch aus Baden-Württemberg gehören zu denen, die entsprechende Wünsche beharrlich nicht bestreiten. Endgültig entschieden wird diese Frage allerdings erst nach Abschluß der Koalitionsverhandlungen. Zunächst einmal soll der bisherige Vorstand die Geschäfte weiterführen.

Die Parteilinke und Mitglieder der realpolitischen Strömung hatten sich am Montag abend auf getrennten Versammlungen um eine Positionsbestimmung für diese Verhandlungen bemüht. Der Wunsch von Joschka Fischer nach dem Außenministerium ist in der Fraktion nicht unumstritten. „Auch nach vier Jahren brauchen die Grünen noch Profil“, meint die Parteilinke Angelika Beer. Das Außenministerium sei „nicht das Ressort, wo wir uns profilieren können. In der Ökologiefrage bis hin zum Atomausstieg gibt es eine sehr große Erwartungshaltung. Das können wir nicht einfach beiseite legen.“

Auch im realpolitischen Lager gibt es Abgeordnete, die für diese Argumentation Verständnis zeigen. Dennoch wollen die Realos Fischers Wunsch nach dem Außenministerium geschlossen unterstützen. Viele halten diese Besetzung auch aus Gründen des öffentlichen Ansehens für unverzichtbar. „Ich glaube, daß wir auf das Außenministerium bestehen müssen“, sagt Çem Özdemir. Dies sei auch für die Profilbildung in der Partei wichtig. „Ich glaube schon, daß wir nicht unter der FDP rausgehen sollten.“ Joschka Fischer sei im Wahlkampf die Lokomotive gewesen. „Da können wir ihn nicht nach der Wahl ins Glied zurückstellen. Das beste Pferd im Stall muß den besten Job bekommen.“

Ähnliches denkt auch der Altbundeskanzler. Helmut Kohl schlug nach der Fraktionssitzung von CDU/CSU Wolfgang Schäuble nicht nur als Fraktions-, sondern auch als neuen Parteivorsitzenden der größten Oppositionspartei CDU vor. Das allerdings verdutzte Volker Rühe. Der ehemalige Verteidigungsminister gab sich irritiert: „Wir wollten das eigentlich erst am nächsten Dienstag verkünden“, sagte er vor Journalisten in Bonn. Bettina Gaus