Personifizierung geistigen Stillstands

■ Peter Hintze, CDU-Generalsekretär seit 1992, legt sein Amt nieder. Kohls Mann fürs Grobe hatte sichtlich Freude am Polemisieren und Attackieren

Er ließ sich drei Tage Zeit, dann folgte Peter Hintze seinem Herrn. Gestern morgen verkündete der CDU-Generalsekretär seinen baldigen Abschied von jenem Amt, in das ihn der scheidende Bundeskanzler und CDU-Parteichef Helmut Kohl 1992 geholt hatte. Am 7. November, wenn die Christdemokraten in Bonn zu ihrem Parteitag zusammenkommen, wird Hintze offiziell sein Amt niederlegen.

Eigentlich hätte der 48jährige Theologe noch bis zum Jahr 2000 weitermachen können. Dann erst wäre nach den Statuten seine Amtszeit beendet. Doch Hintze ahnte, daß er den personellen Neuerungen, die die Union derzeit im Stundentakt erfassen, im Wege stehen würde. Ein ungeschriebenes Gesetz seiner Partei sieht vor, daß der Parteichef bestimmt, wen er als Generalsekretär gern hätte.

Unter dem wahrscheinlich neuen Parteichef Wolfgang Schäuble hätte Hintze kein Standing mehr gehabt. Zu sehr war der Mann, der Mitte der 70er Jahre erste politische Erfahrungen in der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt Bad Honnef sammelte, mit der Ära Kohl in ihrer letzten Phase verbunden. Hintze, das war der treue Adlatus, der noch jede pessimistische Prognose für seine Partei schönredete, der selbst für viele in der Union den geistigen Stillstand personifizierte.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern Kurt Biedenkopf, Heiner Geißler und selbst Volker Rühe ordnete er sich als Generalsekretär dem Kanzler bedingungslos unter. Nie fiel er durch ein Wort der Kritik, durch Überlegungen zu einer programmatischen Korrektur – wie etwa Geißler in den 80ern – auf. Hintze war der Mann, der bescheiden wirkte und dabei das Grobe verkaufte: Heraus kamen jene Rote-Socken- und Rote-Hände-Kampagnen, die intern höchst umstritten waren und sich zuletzt fatal für die Union auswirkten.

Schon 1994 war seine Rote-Socken-Kampagne gegen die PDS in den östlichen CDU-Landesverbänden auf Widerwillen gestoßen. Nur weil die Union damals die Wahl knapp gewann, konnte Hintze später stets behaupten, die Kampagne habe ihren Zweck doch erfüllt. Als Generalsekretär schlüpfte Hintze in eine Rolle, die dem evangelischen Christen Hintze wohl zuvor suspekt gewesen wäre. Er polemisierte, attackierte und hatte sichtlich Freude daran. Derartige Töne hatte man vom Bundesbeauftragten für den Zivildienst, Peter Hintze, in den Jahren 1983 bis 1990 nicht vernommen.

In Zukunft wird Hintze nicht mehr für Wahlschlappen verantwortlich gemacht werden, sie nicht mehr schönzureden haben. Hintze rückt in die hinteren Reihen: als Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Severin Weiland, Bonn